Die vergebliche Hoffnung auf Pavel Nedved

publiziert: Freitag, 16. Mai 2008 / 09:44 Uhr

Dem Schweizer EM-Startgegner Tschechien gehen die Stars aus. Nach dem verletzungsbedingten Forfait von Captain Tomas Rosicky hoffte das ganze Land auf ein erneutes Comeback von Pavel Nedved. Doch der «blonde Engel» liess sich (vorerst) nicht mehr überreden.

Lässt sich Pavel Nedved doch noch überreden?
Lässt sich Pavel Nedved doch noch überreden?
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Gehasst hatten sie ihn, verdammt und verflucht. In den Zeitungen wurde er als Lügner bezeichnet, die Fans schimpften ihn einen Landesverräter.

Nedved hatte sich vor vier Jahren an der EM in Portugal im Halbfinal gegen Griechenland (0:1 nach Verlängerung) eine Knieverletzung zugezogen und sich danach eineinhalb Jahre lang geweigert, für Tschechien zu spielen. Und dies, obwohl er längst wieder fit war und für Juventus Turin Woche für Woche überragende Leistungen ablieferte.

Als Tschechien in der WM-Qualifikation 2006 in die Barrage verwiesen wurde, kehrte Nedved schliesslich zurück und führte das Team (zwei Siege gegen Norwegen) nach Deutschland. Nedved war wieder der Liebling der Nation, ehe er nach der WM zurücktrat und die Captain-Binde an den neuen Superstar Tomas Rosicky weitergab.

Nedveds Absage

Nun scheint sich die Geschichte zu wiederholen. Zwar haben die Tschechen die Qualifikation problemlos überstanden und noch vor dem WM-Dritten Deutschland den Gruppensieg errungen. Doch der Ruf nach Nedved wurde in den letzten Wochen vor dem EM-Start gegen die Schweiz immer lauter.

Sein Nachfolger als Spielmacher und Liebling der Nation, Tomas Rosicky, fällt für die Endrunde in der Schweiz und Österreich aus. Und nur einer, eben Nedved, schien diesen gewichtigen Ausfall wettmachen zu können.

Just am Tag, als Trainer Karel Brückner sein provisorisches EM-Kader bekanntgab, erteilte ihm der 35-jährige Juve-Star eine Absage. Brückner: «Für mich war das keine Überraschung. Pavel hatte in den Gesprächen nie den Eindruck erweckt, sich ein weiteres Comeback vorstellen zu können.» Gleichwohl hoffen viele tschechische Fans weiter darauf, dass es sich Nedved bis zum EM-Start doch noch anders überlegt.

«Tschechien ist auf seine Stars angewiesen, um an der EM erfolgreich sein zu können», sagt Lukas Dosek, der tschechische Stürmer des FC Thun, der allerdings trotz weniger Stars den Sprung ins EM-Kader nicht geschafft hat. Doch diese Stars sind nicht vorhanden, weil sie entweder verletzt oder komplett ausser Form sind oder eben - wie Nedved - keine Lust mehr haben auf das Nationalteam.

Die Probleme von Koller und Baros

Die Liste der «Sorgenkinder» beinhaltet ganz grosse Namen. Rosicky ist definitiv out, Jan Koller, der Stürmer von Nürnberg, ist seit einem Jahr auf Formsuche, und Milan Baros, der Torschützenkönig der EM 2004 in Portugal, ist seit dem Champions-League-Erfolg mit Liverpool (2005) nach vielen erfolglosen Klubwechseln und zahlreichen privaten Skandalen völlig von der Bildfläche verschwunden. Zudem quält sich Super-Goalie Petr Cech von einer Verletzungspause zur nächsten.

Die Testspiel-Ergebnisse in diesem Jahr zeigen auf, dass der Schweizer Startgegner vom 7. Juni in Basel - wie das Team von Köbi Kuhn - noch weit von seiner möglichen Bestform entfernt ist. Gegen EM-Teilnehmer Polen verlor Tschechien 0:2. Zuletzt erreichte die Equipe von Brückner in Dänemark nur ein unbefriedigendes 1:1.

Das Fehlen von Rosicky und Nedved sowie die Formtiefs von Koller und Baros sorgen dafür, dass Tschechien für einmal nicht zu den Geheimfavoriten auf den Titelgewinn gehört. Das war vor den letzten grossen Turnieren noch anders.

Eishockey-Nation

Auch wenn die 1993 unabhängig gewordene Tschechische Republik eine typische Eishockey-Nation ist und der Olympiasieg der Eishockeyaner in Nagano (1998) alles überstrahlt, weist der Weltranglisten-Sechste ein hervorragendes Palmares auf.

Unvergesslich sind der EM-Titel von 1976 gegen Deutschland im Penaltyschiessen und die spätere Revanche der Deutschen im EM-Final 1996 in England, als Oliver Bierhoff in der Verlängerung das Golden Goal erzielte.

Seit der Unabhängigkeit haben die Tschechen viermal in Folge die EM-Qualifikation geschafft. Nach der Finalteilnahme 1996 erreichten sie vor vier Jahren in Portugal die Halbfinals. Von 33 EM-Ausscheidungs- und Endrunden-Partien seit 1993 gewannen sie 25 gewonnen; zu sechs Unentschieden gesellten sich lediglich zwei Niederlagen.

Chance für Talente

Ob diese erfolgreichen Zeiten diesen Sommer fortgesetzt werden, ist fraglich.

Für die Stars müssen international noch eher unbekannte Spieler wie Martin Fenin (Eintracht Frankfurt), Michal Kadlec (Sparta Prag) oder Marek Strestik (Brünn) in die Bresche springen.

Für sie könnte das Fehlen von Rosicky und Co. auch eine Chance sein, sich ins Rampenlicht zu spielen - so, wie es Nedved, Karel Poborsky, Pavel Kuka, Radek Bejbl oder Vladimir Smicer 1996 vordemonstriert haben, als 80:1-Aussenseiter Tschechien sensationell den Final erreichte.

(von René Baumann /sda)

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