Im Zusammenhang mit der Topsetzung an der WM-Auslosung spricht der SFV-Selektionär von einem «riesigen Imagegewinn». Der Vorstoss unter die Top 7 im Fifa-Ranking empfindet der Lörracher als Ehre. Die ausgezeichnete Klassierung sei das Ergebnis ihrer harten Arbeit, so der 64-Jährige, und warnte zugleich: «Wir müssen wie immer auf dem Boden der Tatsachen bleiben.» Fragen zur eigenen Zukunft umdribbelte er in Bern elegant. Siegermentalität. - Hitzfeld erkannte auch im auf sieben Positionen umformierten Team die Erfolgsmerkmale seiner üblichen Stammelf: «Die Siegermentalität ist in der Mannschaft drin.» In seiner Analyse des 1:0-Erfolgs gegen Slowenien hob der Nationalcoach den starken Willen speziell hervor, «nach vorne zu spielen und gemeinsam zu verteidigen.» Die Bereitschaft, das Vertrauen bislang weniger berücksichtigten Spielern wie Reto Ziegler, Philippe Senderos, Admir Mehmedi oder Blerim Dzemaili zu schenken, zahlte sich aus. Die zweite Garde verlängerte in Bern die bald 17-monatige Serie der Ungeschlagenheit auf 14 Partien. In einer mit Blick auf die WM-Setzung nicht unerheblichen Begegnung demonstrierten einige der Reservisten ihre überdurchschnittliche Qualität - allen voran Yann Sommer, der mit unzähligen «Big Saves» brillierte. Der Basler Keeper wäre in manch anderer europäischen Auswahl vermutlich gesetzt. Hinter dem unumstrittenen Top-Goalie Diego Benaglio ist er sozusagen die Nummer 1b.
Potenzial. - Die Altersstruktur ist günstig. Die Leader und Wortführer sind 28- bis maximal 30-jährig. Dahinter kommt bereits die Generation der Hochbegabten. Sechs Spieler bilden die U22-Fraktion, Xherdan Shaqiri und Admir Mehmedi haben diese Altersmarke knapp überschritten. Die acht grössten Hoffnungsträger, unter ihnen die früheren U17-Weltmeister Xhaka, Seferovic, Rodriguez und Kasami, kommen zusammen bereits auf den Erfahrungswert von 90 Länderspielen. Ihnen prognostiziert Hitzfeld in absehbarer Zeit weitere Fortschritte: «In zwei, drei Jahren werden sie noch stärker sein.» Für den üblicherweise eher zurückhaltenden SFV-Selektionär steht deshalb nicht zur Debatte: «Diese Mannschaft hat Potenzial.»
Enttäuschung von damals nicht vergessen
WM-Viertelfinal. - 2010 und das trostlose 0:0 gegen Honduras vor der frühzeitigen Rückreise aus Südafrika haben die Schweizer Entscheidungsträger nicht vergessen. «Wir wissen noch, wie gross die Enttäuschung damals war, als wir gegen Spanien eine Sensation geschafft haben, danach aber ausgeschieden sind», erinnert sich Hitzfeld. Eine Wiederholung der Geschichte wäre nicht in seinem Sinn. Oft würden aber Kleinigkeiten entscheidend ein, mahnte Hitzfeld: «Wir hatten damals das Handicap der unberechtigten roten Karte gegen Behrami zu tragen.» Glück hin, Fehlentscheid her: «Egal wie die Gruppenauslosung ausfällt, will man in den Achtelfinal einziehen. Und jeder Coach, jeder Verantwortliche, jeder Spieler will dann auch weiterkommen.» Die entschlüsselte Botschaft Hitzfelds ist unmissverständlich: Der Stratege hält den Sprung unter die Top 8 inzwischen für realistisch.
Topsetzung. - Nur vier der gesamthaft 53 Verbände Europas haben die WM-Ausscheidung mit einer höheren Punktzahl als die ungeschlagene Schweiz (24 von 30 möglichen Punkten) abgeschlossen. Die Erfolgsserie wirkt sich auch im für die WM-Auslosung massgebenden Ranking der FIFA höchst erfreulich aus. Die Schweizer Equipe wird unter die Top 7 vorstossen und kommt am 6. Dezember beim feierlichen Prozedere in Costa do Sauipe erstmals überhaupt in den Genuss einer Topf-1-Setzung. Sportlich könnte die Positionierung als Gruppenkopf ein Vorteil sein, eine Wertschätzung ist sie ohnehin. «Es ist ein riesiger Imagegewinn, dass man sich zu den stärksten Mannschaften zählen kann. Das ehrt den Verband, das ehrt jeden einzelnen Spieler», schätzt Hitzfeld vor allem das Prestige hoch ein. «Obwohl wir nicht zum Favoritenkreis gehören, den Final zu erreichen, wird die Topsetzung die Mannschaft im mentalen Bereich noch stärker machen.»
Verbandsspitze bemüht sich intensiv um die Hitzfeld-Partnerschaft
Zukunft. - Die Verbandsspitze bemüht sich intensiv um eine Fortsetzung der erfolgreichen und inzwischen fünfjährigen Partnerschaft mit Hitzfeld. Erste Hochrechnungen der Chancenprozente, ob der Welt-Trainer einer Vertragsverlängerung zustimmen wird, sind in der SFV-Zentrale selbstredend nicht erhältlich. Die Beteiligten kommentieren die vertraulichen Gespräche mit ihrem wichtigsten Angestellten nicht. Hitzfeld selber, im kommenden Januar 65-jährig, sendet keinerlei Signale. Zur nahen Zukunft sagt er nur: «Mir geht es immer um eine Entwicklung einer Mannschaft. Ob ich den Vertrag verlängere oder nicht, spielt überhaupt keine Rolle.» Seiner Aussage ist nur zu entnehmen, dass er den Zeitplan festlegt - nicht der SFV.
(tafi/Si)