Fussball: Der ewige Zweite in Abstiegsgefahr

publiziert: Samstag, 15. Feb 2003 / 10:05 Uhr / aktualisiert: Samstag, 15. Feb 2003 / 10:26 Uhr

St.Gallen - Am Ende der vergangenen Saison ärgerte sich ganz Leverkusen über drei zweite Ränge in Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League. Vor dem Spiel gegen Hansa Rostock ist die Mannschaft von Trainer Klaus Toppmöller in akuter Abstiegsgefahr.

Manager Reiner "Calli" Calmund mit Klaus Toppmöller (l) sind gefordert.
Manager Reiner "Calli" Calmund mit Klaus Toppmöller (l) sind gefordert.
Die Gründe für den sportlichen Niedergang von Bayer sind vielfältig. Der Klub geriet in den vergangenen Wochen immer tiefer in einen Strudel des Misserfolgs, der nur mit einer bösartigen Kombination aus Pech und Unvermögen erklärt werden kann. In gewisser Weise muss Leverkusen nun die (sportlichen) Steuern für die Erfolge der vergangenen Saison bezahlen.

Abgang von Ballack und Zé Roberto

Die Leistungsträger der so erfolgreichen Mannschaft der vergangenen Saison waren aufgrund ihrer starken Leistungen unweigerlich in den Fokus verschiedener Topklubs gerückt. Leverkusen selber gilt zwar sowohl finanziell als auch sportlich als Vorzeigeklub Deutschlands.

Mit der Ausstrahlung renommierter Vereine wie Bayern oder Dortmund kann der „Pillenklub“ aber bei weitem nicht Schritt halten. Dies bekam Manager Rainer Calmund auch während der vergangenen Saison zu spüren. Michael Ballack, Denker und Lenker im offensiven Mittelfeld, und Zé Roberto, brasilianischer Filigrantechniker auf dem linken Flügel, konnten den Lockrufen von Bayern München nicht widerstehen. Mit den Abgängen der beiden Leistungsträger wurde die Mannschaft arg geschwächt. Vor allem der Abgang des Führungsspielers Michael Ballack sollte sich nachhaltig zu einem grossen Handicap Leverkusens entwickeln.

Gerade ein Leader fehlte Leverkusen in dieser bisherigen Saison. Jens Nowotny, Kapitän und Abwehrchef des Teams, verletzte sich vor der WM am Kreuzband. Vor kurzem gab der Verteidiger zwar sein Comeback, verletzte sich aber erneut und wird bis Ende Saison fehlen. Sein Stellvertreter als Kapitän, Carsten Ramelow, konnte weder auf noch neben dem Feld die von Nowotny hinterlassene Lücken schliessen. Bayer Leverkusen bleibt mental anfällig, gerät nach einem Gegentreffer in arge Selbstzweifel und agiert im Rückstand liegend noch verunsicherter. Dazu kommt das Wettkampfpech, das einem gerade in solch schwierigen Situationen ereilt. Leverkusen hat von allen Bundesliga Teams am meisten die Torumrandung getroffen.

Pech bei den Transfers

Auch die Transferpolitik Leverkusen erwies sich im Nachhinein als falsch. Für die zum Stand-by-Profi degradierte Sturmlegende Ulf Kirsten wurde der mit viel Vorschusslorbeeren bedachte Brasilianer Franca verpflichtet. Allerdings bestätigte der schmächtige Stürmer das gängige Vorurteil, dass direkt aus ihrem Heimatland importierte Brasilianer eine gewisse Eingewöhnungszeit benötigen. Der im vergangenen Jahr so überragende Michael Ballack sollte durch den tschechischen Exzentriker Jan Simak von Hannover 96 ersetzt werden. Simak machte sich jedoch mit seiner eigensinnigen Spielweise schnell unbeliebt im Team. Dies wiederum verunsicherte den sensiblen Tschechen derart, dass seine Auftritte immer kürzer und sein Selbstvertrauen immer kleiner wurde. Die übrigen Neuzugänge sollten das Team vor allem langfristig verstärken, einzig der Brasilianer Juan und später das Jungtalent Hanno Balitsch übernahmen eine gewisse Verantwortung.

All diese Faktoren, die Abgänge zweier Leistungsträger, das Verletzungspech und die unglückliche Transferpolitik verursachten die bisher schlechte Saison Leverkusens. In der Champions League hat die Mannschaft von Klaus Toppmöller zwar die Zwischenrunde erreicht, scheint dort aber nach zwei Niederlagen gegen Inter Mailand und Barcelona bereits chancenlos. Immerhin steht Leverkusen im DFB-Halbfinal. Nun steht aber der schwere Gang ins Münchner Olympiastadion zu den Bayern an.

Priorität dürfte für Leverkusen momentan aber die Bereinigung der schlechten Situation in der Bundesliga haben. Nächster Gegner ist am Samstag in der BayArena Hansa Rostock. Bei einer Niederlage wäre der Fall unter den Abstiegs-Trennstrich wohl nicht mehr zu vermeiden. Und Klaus Toppmöllers Zeit in Leverkusen wäre dann trotz der Erfolge im Vorjahr abgelaufen.

(Dominic Wirth/fussball.ch)

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