Gegenüber seiner Absicht, mit fünf Mittelfeldspielern und einer
Sturmspitze dem Favoriten in der WM-Ausscheidungsgruppe 1 zu
begegnen, stellte Trossero um. «Meine Trainingseindrücke und
Gespräche mit Spielern haben mir bestätigt, dass unsere Ziele im
gewohnten 4-4-2-System leichter umzusetzen sind», sagte er. «Als
primäres Ziel verlange ich nach dem Debakel gegen Polen mehr
Engagement und ein hartnäckiges Pressing vor allem in den
Startminuten. Wir dürfen die technisch starken Jugoslawen nicht ins
Spiel kommen lassen. Dazu brauchen wir lauffreudige, unerschrockene
Spieler, die mit voller Konzentration bei der Sache sind», liess
sich der Argentinier vernehmen, der nach einem lockeren Training am
Freitagmorgen im hoch modernen Partizan-Trainingsgelände die
Übungseinheit vom Nachmittag strich.
Wie im Startspiel zur WM-Ausscheidung gegen Russland (0:1) hütet
Marco Pascolo vom FCZ das Tor. In der Viererabwehr gab es eine
erste Überraschung. Nicht Ramon Vega, der Recke von Celtic Glasgow,
gewann Trosseros Vertrauen, sondern erneut -- wie beim 0:1 gegen
Russland -- Patrick Müller von Lyon, der zusammen mit dem gesetzten
Captain Stéphane Henchoz von Liverpool die Innenverteidigung
bildet. An der Seite verteidigen die kampf- und laufstarken Marc
Zellweger (St. Gallen) rechts und Yvan Quentin (FCZ) links, der
erstmals seit fünf Jahren und der Schmach gegen Aserbaidschan in
Baku (0:1) wieder für die Startelf berücksichtigt wird.
Vega: «Wie Tag und Nacht»
«Für Müller sprach, dass Henchoz so nicht die Seite in der
Zentralabwehr wechseln musste. Vega ist ein Rechtsfuss», begründete
Trossero, dessen Entscheidung dem Verteidiger des schottischen
Meisterschaftsleaders Celtic sauer aufstiess. Vega: «Ich hatte mit
einem Einsatz gerechnet, werde aber weiter um einen Platz im
Nationalteam kämpfen. Ich lasse mich nicht unterkriegen. Solche
Rückschläge kann ich verkraften. Gegenüber früher ist die Stimmung
aber wie Tag und Nacht. Es fehlt das lodernde Feuer, und es fehlen
auch echte Leader.»
Während im Mittelfeld nach den Ausfällen von Ciriaco Sforza,
Raphaël Wicky, Alexandre Comisetti und Sascha Müller
(Sehnenentzündung) mit den Nominationen von Johann Vogel
(Eindhoven) und den beiden Servettiens Johann Lonfat und Sébastien
Fournier gerechnet werden konnte, überraschte die Selektion des
Lausanners Massimo Lombardo auf der für ihn ungewohnten linken
Seite. Wohl hat der Italo-Schweizer bei GC und Lugano schon auf der
linken Aussenbahn gespielt, doch Trosseros Vertrauen für diese
Position erstaunte auch ihn: «Nervös werde ich aber deswegen nicht.
Ich bin ein ruhiger Typ und habe im Fussball schon einiges erlebt.
Vor allem im zweiten Jahr während meines Italien-Aufenthaltes bei
Perugia, wo ich auf Eis gelegt wurde.»
Stéphane Chapuisat, mit 81 Länderspielen und 18 Toren der
erfahrenste Schweizer Akteur, wird gegen den scheinbar
übermächtigen Gegner zwar vorderster Schweizer Spieler sein, aber
nicht einziger Stürmer. An seiner Seite oder knapp hinter ihm wird
ihn Hakan Yakin unterstützen, der in seinen acht Länderspielen
immerhin schon drei Mal traf. «Bei Basel habe ich dank Trainer
Gross wieder Selbstvertrauen und Freude am Fussball gewonnen. Ohne
menschliche Probleme kann ich wieder befreit aufspielen», sagte er.
Zwei Jahre nach den Nato-Bomben
Am 24. März 1999 begann die Nato, Belgrad zu bombardieren.
Ruinen in der Stadt sind stumme Zeugen. Genau zwei Jahre später
tritt Jugoslawien erstmals wieder zu Hause an. Erster Gegner ist --
wie unmittelbar vor dem Ausbruch des Balkan-Kriegs im September
1998 -- die Schweiz. Im Team von Trainer Milovan Djoric steht eine
Mischung von erfahrenen Ausland-Stars wie Mihajlovic (Lazio),
Djukic (Valencia), Jugovic (Inter), Jokanovic (Chelsea) und
Milosevic (Parma), aber auch verheissungsvolle junge Akteure wie
Drulic (24), Obradovic (24) und vor allem der flinke und äusserst
torgefährliche Mittelstürmer Kezman (22), der für rund 30 Millionen
Franken von Partizan Belgrad zu Eindhoven wechselte und nun
Klubkollege von Johann Vogel ist.
Die voraussichtlichen Startaufstellungen
Jugoslawien: Kocic (Roter Stern Belgrad); Obradovic (Obilic
Belgrad), Djukic (Valencia), Mihajlovic (Lazio Rom); Dejan
Stankovic (Lazio), Jokanovic (Chelsea), Jugovic (Inter Mailand),
Djordevic (Olympiakos Piräus); Milosevic (Parma), Kezman
(Eindhoven), Drulic (Roter Stern).
Schweiz: Pascolo (Zürich); Zellweger (St. Gallen), Henchoz
(Liverpool), Patrick Müller (Lyon), Quentin (Zürich); Lonfat
(Servette), Vogel (Eindhoven), Fournier (Servette), Lombardo
(Lausanne); Hakan Yakin (Basel); Chapuisat (GC).
Schiedsrichter: Nilsson (Sd).
(kil/sda)