Das Exekutivkomitee habe den Modus der Wahl selbst beschlossen.
Ausserdem habe die Abstimmung unter der Aufsicht eines Notars
gestanden, um den rechtlichen Bestimmungen in der Schweiz Genüge zu
leisten. Damit sei das Ergebnis endgültig, erklärte ein Sprecher
der FIFA zur Wahl Deutschlands als Organisator der WM 2006 vom
Donnerstag in Zürich, die hohe Wellen geworfen hatte. Deutschland
hatte mit 12:11-Stimmen den Zuschlag vor Südafrika erhalten, weil
sich der ozeanische Verbandspräsident Charles Dempsey der Stimme
enthalten hatte.
Irvin Khoza als Leiter der südafrikanischen WM-Bewerbung
unterstützte am Montag den Aufruf der neuseeländischen
Premierministerin Helen Clark nach einer Wahlwiederholung mit den
Worten: «Der ozeanische Verband muss eine Neuwahl verlangen, weil
er keine Stimme abgegeben hat.» Clark hatte offenbar die FIFA
aufgefordert, die Geschehnisse rund um die Stimmenthaltung von
Dempsey abzuklären und danach allenfalls eine Wahlwiederholung zu
veranlassen. Der Ozeanische Fussballverband (OFC) selber will
allerdings bisher nichts von einer Neuwahl wissen. Präsident
Dempsey dementierte am Montag in Auckland die Absicht, bei der FIFA
vorstellig zu werden. «Darüber wurde bisher nie geredet.»
Dempsey bestätigte im Übrigen seinen für September angekündigten
Rücktritt und versuchte seine Stimmenthaltung zu rechtfertigen. Er
habe sich für den Fussball und gegen die Politik entschieden, weil
er im Vorfeld der Abstimmung unter unmenschlichen Druck gesetzt
worden sei, sagte der 78-Jährige.
«Es wurde mir von einflussreichen europäischen Interessen-
Vertretern klargemacht, dass eine Wahl von Südafrika nachteilige
Folgen für den Ozeanischen Fussballverband in der FIFA haben
werde», lautete Punkt 6 einer zwölfteiligen Erklärung von Dempsey.
Er weigerte sich aber standhaft zu sagen, um wer hinter der
Interessengruppe steckt. Seine Tochter Josephine King, die als
Generalsekretärin des OFC zugegen war, präzisierte jedoch später,
dass es sich um UEFA-Kreise handle.
Dempsey wiederholte, dass er vom OFC keinen Auftrag erhalten
habe, Südafrika zu unterstützen. «Es gab lediglich eine Absprache,
so lange für England zu stimmen, als dieses im Rennen sei. Danach
sollte Südafrika den Zuschlag erhalten. Als der Druck auf mich aber
immer stärker wurde, tat ich, wie ich es bei der FIFA immer
gehalten habe: Ich prüfte alles genau und entschied dann im
Interesse des Fussballs.»
Mit der Stimmenthaltung habe er die bestmögliche Wahl für
Ozeanien zu treffen geglaubt, sagte Dempsey. «Ich wählte den
neutralen Weg und glaubte, damit niemandem zu schaden. Für wen auch
immer ich gestimmt hätte, es hätte Probleme für Ozeanien gegeben.
Ich hatte keine Ahnung über den Ausgang der Schlusswahl und dachte,
dass mein Stimmverhalten ohne Konsequenz auf das Ergebnis sein
werde.» Dempsey hatte das FIFA-Exekutivkomitee schon vor der ersten
Wahlrunde informiert, wie er sich verhalten würde und war vor dem
letzten Wahlgang ins Hotel zurückgekehrt. Dort erhielt er vom
Portier das Ergebnis mitgeteilt: «Ich war ziemlich überrascht.»
«Jetzt reden alle von meiner Nicht-Stimme und niemand von den
Zwölf, die für Deutschland entschieden haben. Die waren doch viel
wichtiger», sagte Dempsey weiter. Er habe geglaubt, dass alle vier
asiatischen Stimmen an Südafrika gehen würden. «Stattdessen gingen
diese plötzlich an Deutschland. Da muss zwischen fünf und sechs Uhr
morgens etwas passiert sein. Überhaupt fand in jenen Tagen ein
wahnsinniger Handel mit Stimmen statt. Es war die schlimmste Nacht
meines Lebens.»
(sda)