Die Bundesliga boomt - auch in der Schweiz. Das Interesse am FC Bayern ist hierzulande grösser als an manchem Klub aus der Super League. Dank Lucien Favre, Granit Xhaka und Yann Sommer produziert auch Borussia Mönchengladbach in der Deutschschweiz die eine oder andere Schlagzeile mehr als etwa Aarau oder Vaduz. «Das Interesse in der Schweiz an der Bundesliga ist riesig», weiss Gladbachs Torhüter Sommer.
In Zürich erwarten sie deshalb wieder einmal ein nahezu ausverkauftes Stadion. So wie zuletzt vor drei Jahren in den Champions-League-Playoffs gegen... Bayern München. Aus Sicht des FCZ liegt die Faszination der Bundesliga-Klubs auch in ihrer schieren Unerreichbarkeit. Denn kramt man die Europacup-Statistik hervor, wird die Bundesliga schnell vom Reiz zum Reizwort. Neun Spiele absolvierten die Zürcher gegen Deutsche, die Bilanz ist bei acht Niederlagen, einem Remis (2008 gegen den HSV/0:0) und 3:26 Toren niederschmetternd.
In diesen Tagen freilich ist die Sorge um vergangene europäische Nächte und Statistiken nicht die grösste für FCZ-Trainer Urs Meier. Da sind die schlechten Resultate, die sich seit dem 2:3 bei Apollon Limassol eingeschlichen haben. Da ist der Torhüter David da Costa, der zuletzt an den Niederlagen auf Zypern und bei YB nicht unschuldig war. Da ist die Vielzahl vertaner Chancen. Und da ist die Sperre von Captain Yassine Chikhaoui. Ausgerechnet auf ihn, von dem Gladbachs Trainer Lucien Favre sagt, er wäre auch in der Bundesliga eine Attraktion, muss Meier gegen den Gruppenfavoriten verzichten.
Dennoch sehen sie im Stadtklub das Duell mit dem Zweiten der Bundesliga vor allem als Chance, die aktuelle Mini-(Resultat-)Krise zu meistern. «Gegen Gladbach müssen wir nicht dominieren, wir sind nur der Aussenseiter», so Meier. Er hofft, dass sich das Blatt gegen einen an sich übermächtigen Gegner wendet. Denn was zuletzt auffiel: Der FCZ spielte optisch gut, dominierte den Gegner, vergab aber zu viele Chancen. Sie müssten effizienter werden, forderte deshalb Meier. «Killer-Instinkt» brauche es, bemühte er das übliche Sport-Vokabular. Aus dem spielfreudigen FCZ will er gleichwohl kein zynisches Konter-Team machen. «Der FCZ wird weiterhin angriffigen und mutigen Fussball spielen.»
Mehr Pragmatismus
Gleichwohl wünscht man sich diesem FCZ etwas mehr Pragmatismus. Gegen Limassol und YB lief er in Überzahl ins Verderben, weil er unbedingt gewinnen wollte. Daran wird er denken müssen, wenn er gegen Gladbach den Fehltritt aus dem ersten Europa-League-Spiel korrigieren will. Nachdem der Bundesligist zum Auftakt gegen Villarreal unentschieden gespielt hat, wäre für den FCZ womöglich auch ein Punkt gut. Verliert er nämlich nach dem Startspiel auf Zypern auch sein erstes Heimspiel, wird die Qualifikation für die 1/16-Finals zum wohl unerreichbaren Ziel.
Lucien Favre hat derweil den Rechenschieber noch nicht bemüht. Vor seiner Rückkehr nach Zürich, wo er zwischen 2003 und 2007 mit zwei Meistertiteln und einem Cupsieg, erfolgreich gearbeitet hatte, schwärmte er geradezu vom FCZ. «Zürich ist sehr gefährlich. Die Nummern 1, 2 und 3 in der Schweiz sind nicht zu unterschätzen. Wir müssen eine Top-Leistung bringen.»
Gladbach seit zehn Spielen ungeschlagen
Gladbach kommt als aktuell erster Verfolger von Bayern München nach Zürich. Es hat von zehn Pflichtspielen in dieser Saison keines verloren und damit den besten Start seit 39 Jahren hingelegt. Das Tagesgeschäft werten sie im Borussia-Park höher als den kleinen europäischen Wettbewerb. Wie für viele andere Klubs aus den grossen Ligen ist das Erreichen der Europa League für Gladbach wichtiger als danach die Spiele selbst auf dieser Bühne.
Der Auftritt in Zürich ist zumindest für Favre aber eine Ausnahme. «Wir wollen unbedingt die nächste Runde erreichen», sagte er. Vor allem aber will Favre auf keinen Fall gegen den Klub verlieren, den er selbst als Sprungbrett für seine beachtliche Karriere in Deutschland bezeichnet hat. Er will nicht der erste Trainer sein, der mit einem Bundesligisten dem FCZ unterliegt.
(flok/Si)