Was sich schon lange abgezeichnet hatte, ist nun definitiv: Die
Grasshoppers verlängern nach der sportlich unbefriedigenden
Qualifikationsphase den im kommenden Sommer auslaufenden Vertrag
mit «Bidu» Zaugg nicht, obwohl der Berner noch in der letzten
Saison mit den Zürchern Meister geworden war. Zauggs Vorgänger als
Meister, wird nun sein Nachfolger auf der Trainerbank des Zürcher
Vereins. Marcel Koller wird nach dreieinhalb Jahren bei St. Gallen
seine Trainer-Karriere dort fortsetzen, wo er seine Laufbahn als
Aktiver 1996 beendet hatte: auf dem Hardturm. Mit den Grasshoppers
wurde Koller siebenmal Schweizer Meister und fünfmal Cupsieger.
Koller hatte in der Saison 1999/2000 mit den Ostschweizern
souverän den Titel errungen. In der Folge sah sich der im Zürcher
Quartier Schwamendingen aufgewachsene ehemalige 55-fache
Internationale bei St. Gallen mit der Ersetzung vieler
Leistungsträger konfrontiert. Innert 17 Monaten verliessen mit
Torhüter Jörg Stiel, den Verteidigern Marco Zwyssig, Giuseppe
Mazzarelli und Marc Zellweger sowie Stürmer Charles Amoah fünf
Eckpfeiler der Meistermannschaft die Ostschweiz.
Auch deshalb war Koller wohl schon länger auf der Suche nach
einer neuen Herausforderung. Im vergangenen Oktober besass er ein
Angebot vom österreichischen Meister Tirol Innsbruck als Nachfolger
von Kurt Jara, konnte sich aber nicht zu einem Wechsel entscheiden.
Koller liebäugelte auch mit einem Transfer in die deutsche
Bundesliga. Allerdings betonte er immer, nicht zu jedem Preis zu
irgendeinem mittelmässigen Klub zu gehen.
Trotz der offensichtlichen und natürlichen Abnützung löste
Koller das Problem der Ausdünnung des Kaders gut. Die vergangene
Spielzeit beendeten die Ostschweizer als Dritte, und in der
abgelaufenen Qualifikation resultierte trotz erheblichen
Startschwierigkeiten der 4. Platz. St. Gallens Präsident Thomas
Müller ist enttäuscht über den Entscheid Kollers, da die
Ostschweizer weiterhin mit dem Zürcher arbeiten wollten. Dem
scheidenden Trainer stellt Müller aber ein sehr gutes Zeugnis aus:
«Er hat die Mannschaft erheblich weiter gebracht und ist eine
starke Persönlichkeit, die weiss, was sie will. Die grösste Stärke
ist seine Überzeugungskraft.»
Wer Kollers Nachfolger bei St. Gallen wird, ist noch unklar.
«Die Trainersuche ist völlig offen. Wir sind auf keine Namen
fixiert, da wir auch nicht unter Zeitdruck stehen», sagte Müller,
der aber auch festhielt, dass die Trainerfrage nun prioritär zu
behandeln sei. Gerüchteweise sind jedoch der ehemalige
Nationalcoach und Aarau-Trainer Rolf Fringer sowie der
liechtensteinische Nationaltrainer Ralf Loose ein Thema.
Ebenso wenig geregelt wie die Trainerfrage bei St. Gallen ist
die Zukunft von Zaugg. Doch scheint es nicht abwegig zu sein, dass
es sogar zu einem Tausch kommt, und Zaugg seine Zelte ab der
kommenden Saison in der Ostschweiz aufschlägt. «Ich bin
interessiert, weiterhin bei einem Klub in der Schweiz zu arbeiten.
Ein Wechsel ins Ausland wäre wohl noch zu früh, denn die
Grasshoppers sind meine erste Station als Klubtrainer im
Profifussball», meinte Zaugg.
Einen Arbeitsplatz-Tausch mit Koller konnte Zaugg weder
bestätigen noch dementieren. «Wenn St. Gallen anfragt, bin ich
interessiert. Das Interesse würde aber auch anderen Vereinen
gehören.»
Dass die Zeit des Berners auf dem Hardturm (spätestens) nach
zwei Saisons zu Ende geht, verwundert kaum. In der letzten
Oktoberwoche, nach der 0:3-Heimniederlage gegen Sion, schien sogar,
eine sofortige Entlassung beschlossene Sache zu sein. Peter Widmer,
der als Präsident der Grasshoppers öfters mehr wie ein Fan als wie
ein kühler Fussball-Analytiker reagiert, forderte die Auflösung des
Vertrages.
«In dieser Zeit musste ich tatsächlich mit der Entlassung
rechnen», sagte Zaugg, der eingesteht, dass die interne Zielsetzung
nach dem Meistertitel «wohl zu ehrgeizig war.» Nach dem Scheitern
in der Champions-League-Qualifikation, war Zaugg klar, dass er nun
das Jahr als Wintermeister wird abschliessen müssen.
Zwar hat Zaugg mit den Grasshoppers seit den stürmischen
Oktobertagen in der Meisterschaft nicht mehr verloren, im UEFA-Cup
die Sechzehntelfinals erreicht und dort den englischen
Spitzenverein Leeds überraschend stark gefordert, dennoch
verfehlten die Grassshoppers das Ziel «Wintermeister» deutlich.
Wenn er im Sommer durch Koller ersetzt wird, wird dieser nach Roger
Hegi, Roy Hodgson, Piet Hamberg und Zaugg der fünfte Trainer sein,
den die Zürcher seit Sommer 1999 beschäftigen.
(kil/sda)