Der spanische Rekordmeister und Champions-League-Sieger zahlt
insgesamt 45 Millionen Euro (67,5 Millionen Franken) für den
25-jährigen Torschützenkönig der WM 2002 und sicherte sich zudem
eine «Rückgabegarantie»: Sollte das «Phänomen» in den ersten drei
Jahren wegen seines lädierten Knies erneut ausfallen, erhält Real
Geld zurück und Inter übernimmt das Salär des Spielers.
Der Torschütze beider brasilianischer Treffer beim 2:0 im
WM-Final in Yokohama gegen Deutschland wird am Montag in Madrid
offiziell vorgestellt, sofern es bei der medizinischen Untersuchung
keine Beanstandungen gibt.
Vierjahres-Vertrag für Ronaldo
«Der König kommt!», bejubelte am Sonntag das Sportblatt «As» die
spektakuläre Verpflichtung. Ronaldo erhält einen Vertrag über vier
jahre und gesellt sich zu Stars wie Zinedine Zidane, Luis Figo,
Roberto Carlos oder Raul.
Der grösste Transferpoker der vergangenen Jahre glich einer
billigen Seifenoper voller Intrigen. Eine Stunde vor der um
Mitternacht abgelaufenen Meldefrist für die Champions League drohte
der Deal erneut zu platzen, weil der Dritte im Bunde, Reals
Erzrivale FC Barcelona, plötzlich boykottierte. Im Gegenzug für
Ronaldo sollte nämlich Reals Stürmer Fernando Morientes zu Inter
wechseln und anschliessend für 20 Millionen Euro an die Katalanen
weiterverkauft werden. Um 21 Uhr gab Barcelona in einem Fax an die
Italiener grünes Licht; eine halbe Stunde später machten die
Katalanen telefonisch aber einen Rückzieher.
Crespo ersetzt Ronaldo
In Madrid zweifelt kaum jemand, dass Barcelona von Anfang an nur
geblufft habe, um den Ronaldo-Transfer zu verhindern. Schliesslich
spielte der Brasilianer vor fünf Jahren noch bei Barca.
Vereins-Präsident Joan Gaspart wäre der Vorwurf, den Wechsel des
einstigen Lieblings ausgerechnet zum Erzfeind ermöglicht zu haben,
nicht erspart gebliebem. Der Effekt blieb aber derselbe: Inter
geriet in Panik, weil der Klub zu diesem Zeitpunkt bereits den
Argentinier Hernan Crespo für 56,5 Millionen Euro (84,7 Mio Fr.)
von Lazio Rom als Ronaldo-Ersatz verpflichtet hatte. Dies nutzte
der gewiefte Real-Präsident Florentino Perez aus: Er zückte das
Scheckheft, legte noch ein paar Millionen drauf und machte den Deal
perfekt.
52 Mio. in bar plus ein Spieler
So zahlen die «Königlichen» 35 Millionen Euro (52 Mio. Fr.) in
bar. Der Rest kommt im Januar 2003 in Gestalt eines Spielers aus
dem Real-Kader. Sollte es darüber keine Einigung geben, erhält
Inter weitere zehn Millionen Euro (15 Mio. Fr.) ebenfalls
überwiesen. «Ich habe einen Abschluss in Harvard gemacht, aber der
war gegen diese Verhandlung ein Kinderspiel», sagte Real-Manager
Jorge Valdano sichtlich geschafft. Nach Ansicht zahlreicher
Kritiker hat der Deal gezeigt, wie sehr Star-Fussballer «zu einer
Luxusware» verkommen sind, wie es die Zeitung «El Mundo»
formulierte. Der grosse Verlierer ist Morientes, der künftig nicht
nur im Schatten Ronaldos stehen wird, sondern erst verkraften muss,
wie ein Gegenstand hin- und hergeschoben worden zu sein.
Die Nummer 11 Reals
Für Ronaldo Nazario de Lima, den Star aus den Slums von Rio,
geht dagegen ein Traum in Erfüllung: Schon immer wollte er an der
Seite Zidanes, Figos, Roberto Carlos und Rauls spielen. Die
künftige Nummer elf der «Königlichen» kam mit Inters Trainer Hector
Cuper nicht zurecht. «Ich konnte nicht bleiben. Die Art und Weise
meines Abschieds tut mir Leid. Ich danke dem Präsidenten. Er war
mir in all den Jahren wie ein Vater», sagte Ronaldo über Inter-Boss
Massimo Moratti.
Den Zorn der Tifosi konnte dies aber nicht beschwichtigen. Nur
unter Polizeischutz konnte Ronaldo das Klubgebäude in Mailand vor
Hunderten von verärgerten Demonstranten verlassen. Ronaldo spielte
seit 1997 für Inter. Sein Vertrag hätte noch bis 2006 Gültigkeit
besessen. Die Mailänder hatten ihn auch gehalten, als er monatelang
verletzt war und als Sportinvalide galt.
Geteilte Meinungen über den Transfer
Gemäss Valdano hat Ronaldo erheblich dazu beigetragen, dass der
Wechsel möglich wurde: «Er schraubte seine Gehaltsansprüche
zurück.» «El fenomeno» (das Phänomen) werde nicht mehr verdienen
als die anderen Weltstars bei Real. In Spanien stösst der Transfer
trotz allen Jubels aber nicht nur auf Wohlwollen. Während die einen
vom «besten Real aller Zeiten» schwärmen und das neue «Wunderteam»
mit demjenigen mit Di Stefano, Puskas und Gento gleichsetzen,
kritisieren andere, dass der Kauf des Brasilianer für Real eher
eine Sache des Images und des Marketings sei. Der
Champions-League-Sieger hätte keinen neuen Stürmer, sondern vor
allem einen ordentlichen Innenverteidiger gebraucht.
Euphorische Reaktion
Euphorisch gaben sich Reals bisherige Stars. «Ronaldo ist ein
Riesen-Spieler und ein enger Freund von mir», jubelte der
Portugiese Luis Figo, der mit Ronaldo bis 1997 schon in Barcelona
zusammengespielt hatte. Auch Raul frohlockte: «Jetzt ist auch
Ronaldo im 'weissen Balett'. Ich freue mich auf unsere
Zusammenarbeit.»
(ms/sda)