Die älteste Junioren-Auswahl des SFV beeindruckte am Freitagabend in Leverkusen durch Leidenschaft, Kampfgeist und ihre mannschaftliche Geschlossenheit. Trotz des Gegentreffers kurz vor Schluss durch einen verwandelten Foulpenalty von Sebastian Rudy und der Roten Karte gegen Fabian Schär steckte das Team von Pierluigi Tami nicht auf und kam in der 87. Minute in Unterzahl durch Joker Josip Drmic noch zum 1:1 und damit zum verdienten Lohn für den grossen Aufwand, den es in der BayArena betrieben hatte.
Gerade die Reaktion nach dem 0:1 zeugte von grosser Klasse und ist symptomatisch für den Mentalitätswandel der Schweizer Junioren-Auswahlen in den letzten Jahren. «Ich habe gemerkt, dass die Spieler sich trotz des Gegentors und des Platzverweises nicht hinten reinstellen wollten», so Tami. Dies sei Ausdruck einer positiven Mentalität.
Gegen den grossen Nachbarn Deutschland hatten sich Schweizer Fussball-Mannschaften in der Vergangenheit immer schwer getan. Ob in Europacup- oder Länderspielen, meistens setzten sich die Teams aus dem Land des dreifachen Weltmeisters durch. In neun Vergleichen mit dem DFB auf Stufe U21 konnte die SFV-Auswahl bisher nur einen Sieg feiern. Den einzigen Schweizer Erfolg in der jüngeren Vergangenheit in einem Pflichtspiel verbuchte die U17-Auswahl an der WM 2009 in Nigeria, als sie auf dem Weg zum Titel im Achtelfinal Deutschland mit 4:3 nach Verlängerung schlug. Damals mit dabei waren mit Pajtim Kasami, Haris Seferovic und Oliver Buff auch drei Spieler der jetzigen U21.
U17-Europameister 2002, U17-Weltmeister 2009, U21-EM-Finalist 2011, Olympia-Teilnahme 2012, die Erfolge der Schweizer Junioren-Auswahlen im letzten Jahrzehnt sind hinlänglich bekannt, in der deutschen Öffentlichkeit scheinen diese aber wenig Eindruck gemacht zu haben. In ihrem Selbstverständnis gehört die Schweiz auch auf Juniorenstufe noch nicht zu den «Grossen» im Weltfussball. Die Exponenten selber hatten allerdings bereits vor dem ersten Playoff-Duell mit der Schweiz von der Stärke des Gegners gewarnt und wurden in den 93 Minuten in Leverkusen in ihrer Meinung bestätigt. «Die Schweiz ist nicht San Marino. Das ist keine Hammerwerfertruppe, die können kicken», sagte Deutschlands Captain Lewis Holtby. Und Trainer Rainer Adrion sprach von einem «sehr starken Gegner». SFV-Trainer Tami hatte bereits bei der Auslosung für die Playoff-Spiele festgestellt, «dass niemand mit der Schweiz als Gegner zufrieden ist.»
Auch ins Rückspiel als Aussenseiter
Zur Qualifikation für die Endrunde in Israel und damit zum grossen Coup gegen den Nachbarn fehlt allerdings noch der letzte und wohl schwierigste Schritt. «Wir haben die erste Halbzeit gut hinter uns gebracht, mehr nicht. Es fängt alles wieder bei Null an», sagte Captain Roman Bürki. Für den GC-Torhüter bleibt auch nach dem Hinspiel Deutschland aufgrund seines Renommees und der Qualität der Einzelspieler der Favorit. «Wir sind in der Rolle des Aussenseiters bisher gut gefahren, daran müssen wir nichts ändern», so Bürki, der in der BayArena mit einigen starken Paraden den Grundstein für die gute Ausgangslage für das Rückspiel legte.
Für Tami geht es in Luzern darum, die Leistung vom Hinspiel bestätigen zu können, «denn wir haben noch nichts erreicht.» Im Rückspiel wird er auf den gesperrten Fabian Schär verzichten müssen, was dem Tessiner allerdings keine Kopfschmerzen bereitet. «Ich habe in alle Spieler Vertrauen.» Während der Qualifikation habe immer wieder jemand gefehlt, dadurch sei es regelmässig zu Änderungen gekommen. «Dass wir überhaupt in den Playoffs sind, haben wir als Mannschaft erreicht», so Tami. Diese mannschaftliche Geschlossenheit ist eine der Stärken dieser Schweizer U21-Mannschaft - und wird im letzten und alles entscheidenden Spiel der Qualifikation am Dienstag womöglich der entscheidende Faktor sein.
(bert/Si)