Alles spricht für die Hertha. Seit zehn Pflichtspielen (8 Siege,
2 Remis) sind die Berliner ungeschlagen. Nach dem 2:1-Heimsieg über
Bayern München, dem sechsten Heimerfolg in Serie, sind sie auf
Platz 6 vorgerückt. Die Mannschaft von Jürgen Röber hat nach
verpasstem Meisterschaftsstart den Anschluss für Platz 3, der die
Qualifikation für die Champions League bedeutet, hergestellt. Im
UEFA-Cup wurde in fünf Spielen (6:0 Tore) kein Gegentor zugelassen.
Hertha hat einen Lauf und strotzt vor Selbstvertrauen und
Zuversicht.
Obwohl den Berlinern am Donnerstag um 18 Uhr mit Rehmer,
Deisler, Beinlich, Konstantinidis, Hartmann und Stammtorhüter
Kiraly eine ganze Reihe von Teamstützen fehlen und der Brasilianer
Alves, mit 14 Millionen Franken der teuerste Hertha-Einkauf aller
Zeiten, höchstens auf der Ersatzbank sitzen wird, schreibt Trainer
Jörgen Röber die Zielrichtung vor: «Wir wollen dieses Spiel
gewinnen und auch im UEFA-Cup überwintern. In Genf haben wir
Servette wenig zugelassen. Jetzt werden wir druckvoller nach vorne
marschieren und schauen, wie stabil die Genfer Abwehr wirklich
ist.»
Lucien Favre war am Sonntag in Berlin Zeuge des 2:1 über die
Bayern: «Ich bin beeindruckt. Die zweite Halbzeit war ganz toll.
Die Mannschaft hat mich nicht nur athletisch und kraftemässig
überzeugt, sondern auch spielerisch. Dieser Biss, diese
Aggressivität, dieses Tempo -- da müssen wir uns gegenüber dem
Hinspiel wesentlich steigern. Am besten treten wir kompakter und
besser als die Bayern auf...», sprach der Servette-Trainer nicht
ohne Ironie. Schiesst Servette in Berlin Tor(e) und schafft den
Exploit, erreicht es zum 9. Mal in seiner Klubgeschichte die
Achtelfinals im Europacup. Zuletzt war dies vor 15 Jahren im
Meistercup der Fall, als man schliesslich an Aberdeen scheiterte.
Mit Frei und Oruma
Auch Cupsieger Servette weiss sich in Form. Das Ausscheiden am
«grünen Tisch» im nationalen K.o.-Wettbewerb in Wangen wegen der
Einsetzung des gesperrten Obradovic hat keine Spuren hinterlassen.
Die Genfer bestätigten sich als beste Schweizer Auswärtsmannschaft
(5 Siege, 4 Remis in 11 Spielen), gewannen seit dem torlosen Heim-
Remis gegen Hertha bei YB in Bern 1:0 und entführten auch aus St.
Gallen (2:2) einen Punkt. «Auswärts spielen wir befreiter auf,
stehen kompakter und agieren disziplinierter», glaubt Verteidiger
Stefan Wolf, der nach seinem Muskelabriss im Oberschenkel und
viermonatiger Pause den Anschluss wieder geschafft hat und sich mit
dem Brasilianer Hilton in der Innenabwehr immer besser versteht.
In St. Gallen fehlten Servette die Leistungsträger Alex Frei und
Wilson Oruma. Der Stürmer litt an einer Oberschenkel-Verhärtung und
einem Nasenbeinbruch, der nigerianische Mittelfeldakteur an einer
hartnäckigen Leistenzerrung. Beide werden am Donnerstag um 18 Uhr
im Olympiastadion aber einlaufen können, doch Oruma, der bisher
sämtliche drei Tore für die Genfer im UEFA-Cup geschossen hat,
konnte in den letzten zwei Wochen kaum trainieren. Nicht nach
Berlin flog Verteidiger Miéville (Adduktorenprobleme) und weiter
indisponibel sind die langzeitverletzten Thurre, Comisetti und
Bratic; dazu sind Robert und Skoro nicht spielberechtigt.
Gelingt Servette ein Tor, muss Hertha das Rückspiel gewinnen.
Doch daran zweifelt in Berlin keiner. Das Interesse in Deutschlands
Kapitale ist dementsprechend gering. Der Vorverkauf läuft äusserst
schleppend. Man befürchtet, dass keine 10 000 Zuschauer die
«Baustelle» Olympiastadion aufsuchen werden. Deshalb gewährt man
sämtlichen Besuchern, die als Weihnachtsmänner verkleidet ins
Stadion kommen, Gratiseintritt. «Damit wenigstens etwas Stimmung
aufkommt», wie Jörgen Röber bemerkte, der hofft, bis zum 25.
Dezember, seinem Geburtstag, seinen Vertrag bei Hertha um zwei oder
mehr Jahre zu verlängern.
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
Hertha Berlin: Fiedler; Schmidt, van Burik, Sverrisson, Simunic;
Dardai, Maas, Tretschock; Goor, Preetz, Marcelinho.
Servette; Pédat; Jaquet, Hilton, Wolf, Fournier; Lonfat,
Londono, Claiton, Oruma; Frei, Obradovic.
Schiedsrichter: Barber (Gb).
(kil/sda)