Bangen um Milicevic

Der FC Thun, der ein Schweizer «Fussballmärchen» schrieb, und gegen Ajax, Sparta und Arsenal nicht nur das neue Stade de Suisse in Bern füllte, sondern mit seinen wagemutigen Auftritten die ganze Schweiz in ihren Bann zog, weist im Showdown gegen den kriselnden tschechischen Rekordmeister verschiedene Vorzüge auf.

Milicevic' Bänderverletzung

Zwar war die personell geschrumpfte Mannschaft von Trainer Urs Schönenberger nicht in Festlaune, als sie gestern Mittag mit 90-minütiger Verspätung den grauen Boden in der «goldenen» Stadt betrat. Prag hüllte sich in dickem Nebel, der den Hinflug verzögerte. Noch mehr Sorgen bereitete «Longo» Schönenberger aber seine ohnehin strapazierte Personaldecke. Neben den gesperrten Deumi, der wegen einer Rückenoperation seines Vaters in der Schweiz blieb, und Nelson Ferreira sowie dem an beiden Achillessehnen operierten Andres Gerber, der seine Teamkollegen aber nach Prag begleitete, bangen die Berner Oberländer seit dem Training am Montag auch um den Einsatz von Ljubo Milicevic. Der Australier überdehnte sich die Bänder im rechten Fuss und musste punktiert werden.

«Ob Milicevic einsetzbar ist, wird sich erst am Spieltag zeigen», sagt Schönenberger nur und macht sich seine Überlegungen. Soll er im entscheidenden Spiel gegen den verunsicherten Renommierklub aus Prag mit drei Mann verteidigen oder den Brasilianer Bernardi oder sogar den nach einer langen Verletzungspause zurückgekehrten Sehid Sinani einbauen? Der mazedonisch-schweizerische Doppelbürger hat sich von seiner Patellasehnen-Verletzung im Knie erholt und einige Spiele mit der U19-Mannschaft, aber noch keine einzige Minute in der ersten Mannschaft in dieser Saison bestritten. Auch der Ersatzmann für Nelson Ferreira im rechten Mittelfeld ist ungewiss. Am ehesten könnte der Deutsche Eren Sen die Vakanz ausfüllen.

«Einige Dinge stimmen mich aber optimistisch», erwähnt Schönenberger. «Prag steckt weiter in der Krise und unter enormen Siegesdruck. Wir aber sind weiterhin hungrig, spielfreudig und wurden für unseren Einsatz zuletzt auch mit Punkten in der Meisterschaft belohnt. Und wenn es eine Gerechtigkeit gibt, dann holen wir in Prag den Punkt, den uns der Schiedsrichter gegen Arsenal geraubt hat». Einige Spieler wie Topskorer Mauro Lustrinelli (10 Meisterschafts- und vier Champions-League-Treffer inklusive Qualifikation) oder Sturmpartner Gelson lassen klare Aufwärtstendenz erkennen. Der Trainer ist überzeugt, dass mit einem frechen offensiven Auftritt, konzentierter Leistung und Effizienz im Abschluss sogar ein Sieg gegen Sparta möglich ist.

Nichts geht mehr bei Sparta

«Ein Sieg muss her», fordern Prags Gazetten und kritisieren die Mannschaft heftig. Auch nach dem Trainerwechsel von Jaroslav Hrebik zu Stanislav Griga nach dem 0:1 in Bern durch das späte Siegestor von Selver Hodzic (89.) ist Tschechiens Meister weit von seiner Bestform entfernt und demensprechend verunsichert. Sparta belegt in der nationalen Meisterschaft nach 15 Runden bei Halbzeit nur Platz 11 in der 16-er-Liga, ist nur drei Punkte von einem Abstiegsplatz, aber schon deren 17 von Leader Liberec entfernt. Es fehlt überall, hinten, in der Mitte, vorne. «Wir haben die Herbstrunde total verpatzt. Die Probleme liegen im Kopf», gab auch Team-Senior Martin Hasek zu. Der 36-jährige Mittelfeldspieler ist der Bruder des Eishockey-Weltklassetorhüters Dominic Hasek von den Ottawa Senators.

Die Abwehr hat mit 27 Gegentoren am meisten Treffer der Liga eingesteckt, im Mittelfeld fehlt ein Regisseur wie der ausgemusterte Rekordinternationale Karel Poborsky (111 Länderspiele), und im Angriff werden die Chancen nicht genutzt. Zumal fallen mit Captain Tomas Sivok (Kreuzbandriss), Karol Kisel (Schlüsselbeinbruch) und dem nach einer Angina gesundheitlich angeschlagenen Miroslav Matusovic, dem Torschützen beim einzigen Punktgewinn in der Königsliga gegen Ajax (1:1), drei Stammspieler aus. Thuns UEFA-Cup-Chancen sind tatsächlich reell.

Voraussichtliche Aufstellungen:

Sparta Prag - Thun. -- 20.45 Uhr, Sparta-Stadion. -- SR Riley (Eng).

Thun: Jakupovic; Orman, Hodzic, Milicevic/Sinani, Gonçalves; Sen, Bernardi, Aegerter, Leandro Vieira; Adriano; Lustrinelli.

Sparta Prag: Blazek; Pergl/Lukas, Petras, Petrous, Kadlec; Pospech, Hasek, Polacek; Zelenka; Dosek, Slepicka.

(lg/Si)