Ohne jeglichen Glanz zwar, aber wenigstens mit der Effizienz des vermeintlich abgebrühten Spitzenteams, so in etwa peilte YB nach dem Kopfballtor von Guillaume Hoarau (69.) den maximalen Ertrag an. Die zu defensive Haltung lohnte sich für die Nummer 2 der letzten Saison, die nach 30-jähriger Leidenszeit vom Aufstieg an die Spitze träumt, nicht. Philippe Koch durchkreuzte in der 82. den unspektakulären Game-Plan der YB-Minimalisten - mit seinem erst dritten Tor in der achten Super-League-Saison.
Mit einem schweren Motorrad in Schwarz-Gelb hatten sich die Berner beim offiziellen Fototermin in Szene setzen lassen und suggerierten so auch bildlich ihren kräftigen Aufschwung, ihr neues Selbstvertrauen, die Jagd auf eine Trophäe auch öffentlich unfiltriert auszurufen. Sportchef Fredy Bickel will "Geschichten schreiben", die Spieler wollen "Meister werden".
Nur Uli Forte drückte ab und an auf die Euphoriebremse. Nach bald drei Dekaden ohne Titelgewinn sei eine gewisse Zurückhaltung angebracht. Beim allzu zögerlichen Auftritt in Zürich dürfte er sich bestätigt gefühlt haben. Von der Umsetzung der forschen Ziele war YB im Duell mit dem FCZ fürs Erste weit entfernt. Für ein erstes Ausrufezeichen auf dem Rasen fehlte zu viel - nicht nur die Überzeugung, sondern auch das Feuer, sicher aber die Qualität.
YB "zu passiv"
In der ersten Hälfte überliess YB die wenigen Programmpunkte ausnahmslos dem im Vergleich zum Frühjahr stabiler gebauten FCZ. Der grosse Herausforderer von Serienmeister Basel hinterliess in diversen Situationen keinen unwiderstehlichen Eindruck. Zürich erspielte sich mehrere Chancen, scheiterte aber durchwegs am guten YB-Keeper Yvon Mvogo - einen Abschluss Chermitis entschädigte das Goalie-Talent gar im brillanten Stil.
Seitens der übrigen Berner erfüllte nur Hoarau höhere Ansprüche und mit Abstrichen der neue serbische Hoffnungsträger Miralem Sulejmani. Der Ex-PSG-Stürmer spielte aus, was Stürmer seines Formats auszeichnet. Eine gute Szene reichte zum 1:0 (69.), aber eben nicht zum Sieg, weil der FCZ mehr investierte und verdientermassen das Comeback erzwang.
"Wir waren zu passiv in der ersten Hälfte und haben praktisch jeden zweiten Ball verloren. So wird es schwierig, Druck aufzubauen", kritisierte Forte und beschönigte die mehrheitlich ungenügende Darbietung nicht: "Es war kein gutes Spiel. Das Resultat ist das Positivste."
Im Normalfall werde man für solche Leistungen bestraft, legte der unzufriedene Coach nach. Er rang in der Analyse des tristen Spiels seiner hoch eingeschätzten Equipe nach Erklärungen - und fand kaum einen guten Ansatz: "Wir müssten die Initiative viel mehr ergreifen."
Meier zufrieden
Fortes Branchenkollege Urs Meier hingegen freute sich über die "Ballsicherheit und das variable Spiel" seiner Mannschaft. Er wertete das 1:1 gegen YB als guten Start. In seiner Beurteilung dürfte auch eingeflossen sein, wie schwer sich der FCZ in der letzten Kampagne vor allem in Heimspielen getan hatte.
Beim FCZ ist durchaus Potenzial vorhanden, eine bessere Rolle als im vergangenen Frühling zu spielen. Bald dürfte auch Yassine Chikhaoui wieder verfügbar sein. Der Captain gehörte nicht zum Aufgebot. Der teuerste Arbeitnehmer war körperlich nicht bereit, weil er sich mit dem Segen des Klubs länger von einer Dienstreise mit dem Nationalteam erholen durfte.
Zürich - Young Boys 1:1 (0:0)
8894 Zuschauer. - SR Jaccottet. - Tore: 69. Hoarau (Lecjaks) 0:1. 82. Koch (Chiumiento) 1:1.
Zürich: Brecher; Djimsiti, Nef, Kukeli, Koch; Cabral; Schneuwly (74. Rikan), Buff (74. Etoundi), Chiumiento, Chermiti; Sadiku (78. Gavranovic).
Young Boys: Mvogo; Hadergjonaj, Vilotic, Von Bergen, Lecjaks; Bertone, Gajic; Steffen, Gerndt (80. Zakaria), Sulejmani (67. Nuzzolo); Hoarau.
Bemerkungen: FCZ ohne Grgic, Alesevic, Kecojevic, Schönbächler (alle verletzt), Chikhaoui, Rodriguez (beide nicht im Aufgebot), Yapi (rekonvaleszent), YB ohne Rochat (gesperrt), Benito, Sanogo, Seferi (alle verletzt), Gonzalez, Tabakovic (beide im Aufgebot). Verwarnungen: 44. Koch, 63. Steffen, 79. Gajic, 85. Cabral (alle Foul), 87. Chermiti und Vilotic (beide Unsportlichkeit).
Rangliste:
1. Luzern 1/1 (2:2). 1. Sion 1/1 (2:2). 3. Young Boys 1/1 (1:1). 3. Zürich 1/1 (1:1). 5. Basel 0/0 (0:0). 5. Grasshoppers 0/0 (0:0). 5. Lugano 0/0 (0:0). 5. St. Gallen 0/0 (0:0). 5. Thun 0/0 (0:0). 5. Vaduz 0/0 (0:0).
(bert/Si)