Montolivo gegen das Heimatland seiner Mutter

Der Deutsche in Italiens Team

publiziert: Donnerstag, 28. Jun 2012 / 14:00 Uhr
Das Duell gegen Deutschland ist für Riccardo Montolivo ein ganz spezielles.
Das Duell gegen Deutschland ist für Riccardo Montolivo ein ganz spezielles.

Für Riccardo Montolivo ist der heutige EM-Halbfinal besonders speziell. Der italienische Mittelfeldspieler spielt gegen das Heimatland seiner Mutter.

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Um Zweifel an seiner Loyalität gar nicht aufkommen zu lassen, versicherte Montolivo vor dem Klassiker: «Ich bin zu 90 Prozent Italiener.» Nicht das irgendwer einen deutschen Maulwurf im italienischen Team vermutet hätte, doch immerhin wird der 27-Jährige heute mit einer schwarz-rot-goldenen Flagge am linken Schuh auflaufen. Und er antwortet den deutschsprachigen Journalisten nach den Partien jeweils in fliessendem Deutsch. Im Team der Italiener wird er «il Tedesco» genannt, der Deutsche.

Das liegt an seiner Mutter. Antje stammt aus Ascheberg, einem kleinen Ort in der Nähe von Kiel, nicht weit von der Ostsee entfernt. Dort verbrachte Montolivo als Kind und Teenager jeweils seine Sommerferien. Noch heute reist er oft dorthin. Er habe noch viele Freunde in dieser Gegend. Ein bisschen deutsch fühlt er sich ohnehin, eben so rund zehn Prozent. «Ich besitze die deutsche Coolness, auf und neben dem Feld», erzählt er, um dann mit einem breiten Lachen zu relativieren: «Ausser bei den Penaltys.»

Im Schatten von Pirlo

Sein Fehlschuss im Penaltyschiessen gegen England, den er in bestem Deutsch «beschissen» nannte, brachte Italien dem Ausscheiden ganz nahe. «Ich dachte eine Welt bricht zusammen.» Kein Wunder, war er der Italiener, der am ausgelassensten jubelte, als Gianluigi Buffon den Versuch von Ashley Cole stoppte. Heute dürfte er erneut zum Einsatz kommen. Für seine Leistung gegen England, als Spielmacher hinter den Spitzen, erhielt er von seinem Coach Cesare Prandelli lobende Worte. Die Kritiker in der Heimat waren nicht alle begeistert. Montolivo versuchte vieles, aber einiges misslang. Vor allem stand er im Schatten des anderen Mittelfeld-Organisators Andrea Pirlo.

Der Name Pirlo begleitet die Karriere von Montolivo schon eine Weile. Seit Jahren wird er als dessen legitimier Nachfolger angesehen. In den letzten Saisons kam die Karriere aber ein wenig ins Stocken, obwohl er während der EM-Qualifikation unbestrittener Stammspieler war. Bei der Fiorentina blieben die Erfolge zuletzt aus. Deshalb entschied sich Montolivo, nach sieben Jahren in Florenz auf die nächste Saison hin ablösefrei zu Milan zu wechseln. Schliesslich entwickelte sich auch Pirlo in Mailand zum Ausnahmespieler.

Kein Familienstreit erwartet

Der Transfer hätte dem 35-fachen Internationalen aber beinahe die EM gekostet. Nach seiner Weigerung im letzten Sommer den Vertrag mit der Fiorentina vorzeitig zu verlängern, wurde er als Captain entmachtet, beinahe aus dem Kader geworfen und von den Fans als Verräter beschimpft. Dazu kamen diverse Verletzungen, sodass er seinen Stammplatz in der «Squadra Azzurra» unmittelbar vor der EM verlor. Erst als Thiago Motta sich verletzte, rückte er wieder ins Team. Nun scheint es, dass Prandelli für den Halbfinal an ihm festhält. Der Nationalcoach weiss, was er an Montolivo hat. Er trainierte ihn fünf Jahre lang in Florenz.

Montolivo geht auf jeden Fall unbelastet in die Partie. Der Mann aus Bergamo genoss die Aufmerksamkeit der letzten Tage. Im zur Casa Azzurri umfunktionierten Studentenzentrum La Rotunda im Zentrum von Krakau gab er gut gelaunt Auskunft, wollte aber lieber italienisch reden so kurz vor einem Duell gegen Deutschland. Dass der Halbfinal zu einer heiklen Angelegenheit innerhalb der Familie werden könnte, glaubt er aber nicht: «Ich denke, dass meine Mutter wegen mir zu Italien hält.»

(bg/Si)

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