Ciriaco Sforzas
Ärger stand ihm gestern ins Gesicht geschrieben: «Ich kann die FIFA
nicht verstehen, dass sie solche Zustände toleriert.»
Nur schon die 75-minütige Anreise nach Toftir auf der Nachbar-
Insel Eysturoy durch eine allerdings wunderschöne Landschaft zerrte
an den Nerven. Das Gundadalur-Stadion von Serienmeister HB
Torshavn, welches über eine Tribüne, komfortable Sitzplätze für die
Zuschauer und einen Top-Rasen verfügt, wäre nur etwa fünf Minuten
vom Hotel der Schweizer entfernt gelegen. In Toftir gibt es keine
Hotels, so dass die Mannschaft auch vor dem morgigen Spiel wieder
die lange Carfahrt, oder dann eine halbstündige Überfahrt mit der
Fähre in Kauf nehmen muss, ehe sie das 6000 Zuschauer fassende
Svangaskard-Stadion erreicht hat.
Und was die Schweizer morgen Abend dort erwarten wird, erlebten
sie bereits gestern bei einer Besichtigung in Ansätzen. Auf einer
Kuppe gelegen, bläst ein starker, stets die Richtung wechselnder
Wind mit Geschwindigkeiten von bis zu 15 Metern pro Sekunde über
das Terrain. Der Boden ist holprig und die Ausmasse des Spielfeldes
liegen nahe am Minimum des Erlaubten. Eine Tribüne gibt es nicht,
stattdessen sind im einzigen Gebäude Schlafzimmer für Junioren-
Auswahlteams mit direktem Blick auf den Rasen eingerichtet.
Der Schock über diesen unerwarteten Zustand des Stadions stand
der Schweizer Delegation gestern ins Gesicht geschrieben. Ähnliche
Mienen sah man zuletzt nur in Minsk (Weissrussland), wo sich das
Terrain an der Grenze der Bespielbarkeit präsentierte. Weil die
Schweizer Mannschaft dort unter Gilbert Gress aber mit 1:0 gewann,
gibt es doch noch positive Aspekte vor diesem kapitalen Match gegen
Färöer. Auch wenn Captain Ciriaco Sforza nach der einstündigen
Trainingseinheit verärgert ausrief: «Ich kann die FIFA nicht
verstehen. In der Schweiz wird an jedem Stadion herumkritisiert,
hier aber scheint alles erlaubt zu sein. Da wird mit ungleichen
Ellen gemessen.»
Sforza hat aber schon zuviel erlebt, um sich durch diese
Zustände aus der Fassung zu bringen: «Wir müssen da durch, die drei
Punkte müssen her. Egal, wie stark der Wind bläst, wie holprig und
klein das Terrain oder wie unbequem die Anreise ist.» Der Schweizer
Captain weiss aber auch haargenau, was heute Abend auf seine
Mannschaft zukommt: «Dieser Platz ist auf die Stärken des Gegners
zugeschnitten. Die werden mit weiten Bällen agieren, um schnell vor
unser Tor zu gelangen. Dank dem Wind bedeutet hier jeder hohe Ball
eine enorme Gefahr für die Hintermannschaft. Wir werden höllisch
aufpassen müssen, dass wir keinen Gegentreffer einstecken.»
Mit dem Toreverhindern ist es gegen die Färinger jedoch nicht
getan. Es müssen selber auch welche erzielt werden, soll das
Punktekonto weiter wachsen. Einer, der von Trainer Trossero für
diese Aufgabe auserwählt wurde, ist David Sesa. Mitten auf dem
Platz im kalten Wind stehend, hat der Argentinier den Napoli-
Söldner auf seine Aufgabe vorbereitet. Sesa wird über die
rechte Seite Dampf machen und einen frühen Treffer anstreben
müssen. Denn für einen ganzen Match werden seine Kräfte nach der
langen Wettkampfpause noch nicht ausreichen. In diesem Jahr hat er
für Napoli erst 30 Minuten gespielt. Zum einen war er nach einem
Riss der Fussbänder lange verletzt, zum anderen setzt Trainer
Mondonico nicht auf den Zürcher.
Auch Sesa hat jedoch die Tücken des Terrains bereits kennen
gelernt: «Der Ball springt überall hin, nur nicht dorthin, wo er
hingehört. Hohe, weite Zuspiele sind im Wind kaum zu berechnen. Es
wird unheimlich schwer, doch wir dürfen uns dadurch nicht beirren
lassen. Nur, wenn wir immer an den Sieg glauben und als Einheit
auftreten, können wir die drei Punkte holen.»
(sda)