Huggel und die Casting-Sternchen

publiziert: Mittwoch, 4. Jun 2008 / 12:10 Uhr

Erfrischend ehrlich und gelassen betrachtet Benjamin Huggel seine persönliche Situation im Nationalteam. Dem aufgeblähten News-Hype steht der 30-jährige Ex-Bundesliga-Professional eher kritisch gegenüber.

Fragen von türkischen Journalisten zur «schwarzen Nacht in Istanbul» blockt Huggel ab.
Fragen von türkischen Journalisten zur «schwarzen Nacht in Istanbul» blockt Huggel ab.
Von der allgemeinen EM-Hektik sind nicht alle Schweizer Nationalspieler befallen. Oft stehen die gleichen im medialen Lichtkegel. Für andere ist nur der Platz am Rand der Wahrnehmung reserviert.

Huggel gehört zu jenem Kreis der Spieler, die im Nationalteam selten ins Zentrum rücken. Anders als beim FC Basel, wo Christian Gross im defensiven Mittelfeld auf Huggel setzt, ist er in den taktischen Plänen von Köbi Kuhn (bislang) kein Faktor.

In den vier EM-Tests seit dem Jahreswechsel gestand Kuhn dem kräftigen Bebbi nur 16 Minuten Einsatzzeit zu. Den Cut für das EURO-Kader überstand er zwar diskussionslos, die Selektion wird seine Ersatzrolle nicht verändern.

Beschweren wird sich der 30-Jährige über nicht: «Ich werde am Teamgedanken sicher nie rütteln.» Spurlos geht seine Situation aber nicht an ihm vorbei. «Je älter man wird, desto mehr Mühe macht das.»

Kein Kommentar zur «schwarzen Nacht»

Huggel hat im Verlauf seiner Karriere aufregendere Stunden erlebt als das bald dreiwöchige EM-Camp der Nationalmannschaft. Mit dem FCB gewann er viermal die Meisterschaft.

In Frankfurt behauptete sich Huggel trotz teils höhnischer Kommentare der deutschen Kommentatoren immerhin während zwei Jahren in der Bundesliga. Im November 2005, nach den Jagdszenen in Istanbul, geriet er ins Fadenkreuz von türkischen Fussball-Fanatikern.

Die wüsten Bilder und Konsequenzen der schwarzen Nacht von Istanbul hat Huggel bis heute nicht vergessen. Darüber sprechen mag er zwar nicht mehr, aber zu spüren ist sein Unbehagen nach wie vor.

Als türkische Journalisten ihn im Medienzelt in Feusisberg mit der unschönen Vergangenheit konfrontieren wollten, blockte Huggel ab. Der künstlichen Erwärmung der Atmosphäre gewinnt er nichts ab: «Machen wir doch nicht mehr daraus als es ist.»

Ungesunder Nati-Hype

Auf dem Rasen ist die robuste «Nummer 6» für das unzimperliche Fusswerk zuständig. Im harten Zweikampf überlässt er nichts dem Zufall. Neben dem Terrain tritt Huggel anders auf.

Seine Worte sind nicht schlagzeilenträchtig, keine Verkettung von wertlosen Hülsen. Dem manchmal fast ungesunden Hype um das Fussball-Nationalteam steht er kritisch gegenüber; auch wenn ihm durchaus bewusst ist, in welcher Branche er seinen Lohn bezieht.

Ein bisschen mehr Gelassenheit und Objektivität, so zumindest sind seine Aussagen im obligaten Gespräch mit den Medien zu interpretieren, würde sich Huggel auch in der EM-Zeit wünschen. «Ab und zu habe ich das Gefühl, wir seien Casting-Sterne, denen man ein bisschen ans Bein pinkeln kann. Dabei haben wir das Rampenlicht nicht von Beginn weg gesucht.»

Ermüdendes Vorgeplänkel

Auch die Zwischenfälle der letzten Tage - die Rücktrittsankündigung von Marco Streller und der Zusammenbruch von Alice Kuhn - will Huggel nicht mit unbedachten Statements weiter dramatisieren.

«Natürlich beschäftigt es mich, was mit Frau Kuhn passiert ist. Aber mit diesen Dingen können wir besser umgehen, als es dargestellt wird», entkräftet Huggel die Mutmassungen, wonach das Team so kurz vor dem EM-Kick-off zu stark abgelenkt werde.

Die tägliche Suche nach News und Geschichten, die repetitiven Wasserstandsmeldungen aus dem Camp der Schweizer ermüden nicht nur die Produzenten der Storys, sondern auch die Spieler selber. «Das Vorgeplänkel haben wir jetzt langsam satt.» Huggels Klartext würden wohl alle Beteiligten ohne Zögern unterschreiben.

(von Sven Schoch, Feusisberg/Si)

 
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