Erster Bundesligaspieler seit 24 Jahren mit fünf Treffern in einem Spiel

Lewandowski schiesst Wolfsburg im Alleingang ab

publiziert: Dienstag, 22. Sep 2015 / 21:58 Uhr / aktualisiert: Dienstag, 22. Sep 2015 / 23:52 Uhr
Fünferpack: Robert Lewandowski (m.) freut sich mit David Alaba und Arturo Vidal
Fünferpack: Robert Lewandowski (m.) freut sich mit David Alaba und Arturo Vidal

Die noch immer auf allen Bühnen makellosen Bayern deklassieren Wolfsburg im Bundesliga-Gipfel 5:1. Die überragende Figur eines aussergewöhnlichen Abends war Robert Lewandowski, der den Cupsieger also grandioser Solo-Torschütze regelrecht vorführte.

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Der Pole Lewandowski inszenierte vor 75'000 Zuschauern ein epochales Schauspiel, das selbst die verwöhnten Anhänger des erfolgreichsten Bundesligisten kaum je vorgesetzt bekamen. Der erst zur zweiten Hälfte eingetretene Offensiv-Künstler sorgte mit einem fünffachen Tor-Spektakel der obersten Unterhaltungskategorie im imponierenden Stil für die wohl aufregendsten neun Meisterschafts-Minuten der Bayern-Dekaden.

Fünfmal manövrierte der beste Torschütze der vorletzten Saison die zunächst überraschten, dann angeschlagenen, wenig später schwer irritierten und am Ende nur noch hilflosen Wolfsburger aus. Innerhalb von 540 Sekunden produzierte der Star-Stürmer drei Treffer mehr als der letztklassierte Champions-League-Teilnehmer Borussia Mönchengladbach - ein einmaliges Joker-Kunststück im deutschen Championat.

Die seit Dantes Zuzug umformierte Innenabwehr des VfL liess sich von Pep Guardiolas Schachzug, auf ein sehr offensives 4-2-3-1-System umzustellen, komplett aus der Balance bringen und innert Kürze zerlegen wie seit Jahren nicht mehr. Und mitten drin bemühte sich Diego Benaglio, den Schaden zu begrenzen. Seine Paraden waren indes nicht mehr als der ergebnislose Versuch, sich gegen den Untergang aufzulehnen. Aussenverteidiger Ricardo Rodriguez verschwand mit dem überforderten Rest von der Bildfläche. Timm Klose blieb das Debakel als Überzähliger erspart.

Derweil demonstrierte Lewandowski im Alleingang, dass sich die Münchner Seriensieger im eigenen Land nach wie vor auf einem eigenem Level bewegen. Und während der Wiesn-Zeit pflegen die Bayern nicht nur Bier-, sondern eben auch ganz spezielle Fussball-Feste zu feiern. Während ihrer Stadt-Party haben sie von 84 Heimspielen 55 gewonnen - aber wohl noch selten mit einem solchen Drehbuch.

Wolfsburg wähnte sich nach seinem steilen Aufstieg in den letzten zwölf Monaten auf dem richtigen Weg, auch einem Weltklasse-Ensemble wehtun zu können. Während 45 Minuten deutete nichts auf das Gegenteil hin. Der VfL führte dank Caligiuri, verpasste nach einem missratenen Vorstoss von Bayern-Keeper gar nur um Haaresbreite das 2:0 (38.), ehe ein beispielloser, vorübergehend grenzenloser Zerfall einsetzte.

Ihre vernichtende Bilanz im Stadion der Bayern - 18 Niederlagen in zwanzig Partien - zeigt dem "Wolfsrudel" in etwa auf, wie die Verhältnisse am oberen Ende der Bundesliga-Skala in Tat und Wahrheit sind. Sieben Punkte liegt Heckings Team nach sechs Runden hinter dem Leader zurück.

Der Crash im Mutterhaus

Nicht nur die Fussball-Filiale wurde in München durchgeschüttelt, über Nacht wurde auch das unmittelbare wirtschaftlichen Umfeld des Werksklubs wurde von einem regelrechten Beben erfasst.

Ein weltweiter Abgasskandal erschütterte die VfL-Schirmherren um Martin Winterkorn - gegen 27 Milliarden Börsenwert wurden innerhalb von 48 Stunden vernichtet. Solche Zahlen relativieren dann eben auch das tagelange Transfer-Sommertheater um Kevin De Bruyne (für 82 Millionen Franken zu Manchester City).

Benaglios Reaktion

"Bayern stellte das System um in der Halbzeit. Uns gelang es überhaupt nicht, darauf zu reagieren. Wir fanden kein Mittel mehr, uns dagegen zu wehren", hielt Diego Benaglio in einer ersten Analyse des schweren Rückschlags fest. "Wir fanden keine Lösung. Sie spielten das gnadenlos aus." Aber der Captain Wolfsburg stellte nicht gleich alles infrage: "Wir haben hier wohl gegen die derzeit beste Mannschaft Europas verloren. Und ich werde jetzt ganz bestimmt nicht den Fehler machen, alles zu hinterfragen. Das wird uns nicht völlig aus der Bahn werfen."

Robert Lewandowski stellte mit seiner Rarität beim 5:1 gegen Wolfsburg mehrere Bundesliga-Rekorde auf. Erst einmal hatte ein Spieler fünf nicht unterbrochene Tore in einer Halbzeit erzielt. Es war Dieter Hoeness bei Bayern Münchens 6:0-Heimsieg gegen Eintracht Braunschweig im Februar 1984. Der Bruder von Uli Hoeness schoss zwischen der 68. und der 89. Minute die Tore vom 2:0 zum 6:0. Lewandowski, der als erster "Joker" der Liga-Geschichte fünfmal traf, benötigte dafür nur etwas mehr als neun Minuten. Den Hattrick schoss der eingewechselte Pole gemäss "Sky" in nur drei Minuten und 19 Sekunden.

Die schnellsten Hattricks der Bundesliga-Historie:

Minuten Spieler Datum Spiel
4 Robert Lewandowski (Bayern München) 22. September 2015 51. bis 55. Minute beim 5:1 gegen den VfL Wolfsburg
5 Michael Tönnies (Duisburg) 27. August 1991 11. bis 16. Minute beim 6:2 gegen den Karlsruher SC
6 Norbert Dickel Dortmund) 13. September 1988 67. bis 73. Minute beim 4:0 gegen Hannover 96
7 Herbert Laumen Mönchengladbach) 30. September 1967 2. bis 9. Minute beim 5:1 gegen Hannover 96

Bayern München - Wolfsburg 5:1 (0:1)
75'000 Zuschauer. - Tore: 26. Caligiuri 0:1. 51. Lewandowski 1:1. 52. Lewandowski 2:1. 55. Lewandowski 3:1. 57. Lewandowski 4:1. 60. Lewandowski 5:1. - Bemerkungen: Wolfsburg mit Benaglio und Ricardo Rodriguez, ohne Klose. Lewandowski gelang der schnellste Hattrick der Bundesliga-Geschichte.

Hertha Berlin - 1. FC Köln 2:0 (1:0)
38'000 Zuschauer. - Tore: 43. Ibisevic 1:0. 94. Ibisevic 2:0. - Bemerkungen: Hertha Berlin mit Lustenberger und Stocker (bis 67.).

Darmstadt - Bremen 2:1 (1:1)
17'000 Zuschauer. - Tore: 19. Johannsson 0:1. 31. Wagner (Foulpenalty) 1:1. 84. Wagner 2:1. - Bemerkungen: Bremen ohne Garcia (verletzt). 89. Gelb-rote Karte gegen Bartels (Bremen).

Ingolstadt - Hamburg 0:1 (0:0)
15'000 Zuschauer. - Tor: 87. Gregoritsch 0:1. - Bemerkungen: Hamburg mit Djourou.

Rangliste:
1. Bayern München 6/18 (20:3). 2. Borussia Dortmund 5/15 (18:3). 3. Wolfsburg 6/11 (9:7). 4. Schalke 04 5/10 (7:5). 5. Hertha Berlin 6/10 (7:7). 6. Hamburger SV 6/10 (8:9). 7. 1. FC Köln 6/10 (9:11). 8. Ingolstadt 6/10 (3:5). 9. Mainz 5/9 (9:5). 10. Darmstadt 6/9 (6:7). 11. Eintracht Frankfurt 5/8 (12:6). 12. Werder Bremen 6/7 (7:9). 13. Bayer Leverkusen 5/6 (3:8). 14. Augsburg 5/4 (4:5). 15. Hoffenheim 5/1 (4:10). 16. Hannover 96 5/1 (4:12). 17. VfB Stuttgart 5/0 (5:13). 18. Borussia Mönchengladbach 5/0 (2:12).

(fest/Si)

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