«Niemand kann sich der EURO 2008 entziehen»

publiziert: Dienstag, 29. Mai 2007 / 12:00 Uhr / aktualisiert: Mittwoch, 30. Mai 2007 / 20:54 Uhr

Seit Anfang 2007 ist Benedikt Weibel als Delegierter des Bundesrates in der Organisation der EURO 2008 verantwortlich für die Gesamtkoordination in den Belangen der öffentlichen Hand. Der 60-Jährige weiss, was von ihm und seinen Mitarbeitern erwartet wird: «Die perfekte EM!»

Weibel: «Ich weiss aber, dass ich mir in jenem Moment sagen kann, ich hätte alles in meiner Macht Stehende getan.»
Weibel: «Ich weiss aber, dass ich mir in jenem Moment sagen kann, ich hätte alles in meiner Macht Stehende getan.»
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Ein Jahr vor dem Eröffnungsspiel sprach Benedikt Weibel über seine Ideen vom Gastgeberkonzept, das er erarbeitet hat.

Seine Schlagwörter dabei sind Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft. Denn Weibel will, dass die Schweiz dank der EURO 2008 die Chance wahrnimmt, sich von Klischees zu verabschieden.

Die Schweizer seien zurückhaltend und würden sich selbst als unfreundlich und wenig charmant wahrnehmen. «Wir wollen eine andere Seite der Schweiz zeigen. Die weltoffene Mentalität der Leute.»

Weibel wünscht sich, dass die Bevölkerung mit Unterstützung der Medien ein paar Brocken jener Sprachen lernt, welche die Fans der in der Schweiz spielenden Mannschaften sprechen.

In einem Jahr beginnt die EURO 2008 in der Schweiz und Österreich. Die Erwartungen sind hoch. Ist der Bund mit seinen Planungen auf Kurs?

Weibel: Wir sind in allen Teilbereichen wie etwa Verkehr oder Sicherheit im Zeitplan. Es ist schon richtig: Man erwartet von uns Schweizern, dass die EM perfekt ist.

Apropos Zeitplan: In Bern findet am 17. Juni noch eine Volksabstimmung zu einem EURO-Kredit statt. Sind Sie nicht beunruhigt?

Weibel: Eine Volksabstimmung ist im voraus nie eine klare Sache. Ich habe weder klare Indizien für ein Ja noch für ein Nein. In den Stadtparlamenten gingen die Vorlagen jedoch gut durch.

Gibt es einen Plan, wenn die Berner tatsächlich Nein sagen sollten?

Weibel: Da braucht es keinen Plan: dann finden die drei Spiele in den anderen Stadien der Schweiz statt.

Als Sie Ihr Amt Anfang Jahr antraten, merkten Sie, dass kein Gastgeberkonzept vorhanden ist. Mittlerweile wissen Sie, was die Schweiz einen guten Gastgeber sein lässt.

Weibel: Wir wollen die Leute herzlich empfangen, hilfsbereit begleiten, gut informieren, nach ihren Bedürfnissen beherbergen und wir wollen eine korrekte Preispolitik betreiben. Wir wollen uns vom Klischee des Hochpreislandes verabschieden.

Sie haben die Selbstwahrnehmung der Schweizer einmal folgendermassen umschrieben: Mit der Freundlichkeit sind wir am Nullpunkt, mit dem Charme sogar im Minus. Sind das Voraussetzungen für eine gute Gastgeberrolle?

Weibel: Wenn die Schweizer sich selber als unfreundlich bezeichnen, zeugt das nicht gerade von grossem Selbstvertrauen. Wir sind zwar ein zurückhaltendes, gleichzeitig aber auch ein sehr weltoffenes Volk. Der Anlass wird von solcher Dimension sein, dass sich ihm niemand entziehen kann. Ich bin überzeugt, dass alle mitgerissen werden und ihren Beitrag zum Erfolg leisten. Wenn wir den Vergleich zur WM in Deutschland machen, muss ich sagen, dass der Deutsche zuvor auch nicht als Personifizierung des Freundlichen gegolten hatte.

Sie haben «den Deutschen» erwähnt. Der hat sich zu Begeisterungsstürmen hinreissen lassen. Wird die Schweizer Bevölkerung das auch tun?

Weibel: Ich habe in dieser Hinsicht keine Erwartungen an die Bevölkerung. Wir müssen auch keine Begeisterung kreieren. Unser Aufgabe ist es, Begeisterung zu ermöglichen. Die Einstimmung der Bevölkerung ist vielleicht das Schwierigste. Wir müssen die Neugierde wecken.

Aber erste Lunten liessen sich doch schon jetzt legen, damit das Feuer sich schneller entfacht.

Weibel: Vor der Auslosung am 2. Dezember geschieht diesbezüglich gar nichts. Wir wissen ja nicht, wer kommt. Ein Konzept für Begeisterung ist ein Witz. Nehmen wird das Beispiel Alinghi: Niemand hatte sich für Segeln interessiert. Durch den Erfolg des Schiffes entstand wie aus dem Nichts ein regelrechter Hype im Land. Für mich ist klar: Die Begeisterung für die EM beginnt am 6. Juni, also am Vorabend des ersten Spiels.

Haben Sie keine Angst, dass die Österreicher mehr Begeisterung zeigen können und sich so besser präsentieren? Nach der WM in Japan und Südkorea sprach man vom Korea-Effekt, weil dieses Land mehr Aufmerksamkeit erhielt.

Weibel: Angst habe ich in meinem Leben noch nie gehabt. Vor allem beruflich nicht. Beim Klettern schon. Das Wort Korea-Effekt habe ich nicht wahrgenommen. Die FIFA hat es sogar abgestritten. Der Punkt war doch einfach der, dass Korea besser gespielt hatte. Österreich und die Schweiz arbeiten sehr freundschaftlich zusammen. Schliesslich vermarkten wir ja beide die alpine Landschaft.

Es gibt Sachen bei einer EURO, die zum guten Gelingen wichtig sind, aber nicht beeinflusst werden können wie etwa das Wetter, gutes Abschneiden der Schweizer Nati...

Weibel: Sachen, die ich nicht beeinflussen kann, interessieren mich nicht. Auch wenn es drei Wochen regnet, soll es ein tolles Fest geben. Ich will nicht schon im Vornherein Ausreden parat haben.

Wichtig für die Präsentation der Schweiz sind auch die Mannschaften, die hier spielen werden.

Weibel: Wer die deutsche Mannschaft beherbergen kann, hat das grosse Los gezogen. Dass wissen Österreicher und Schweizer. Für beide Länder ist Deutschland der Zielmarkt Nummer 1 im Tourismus. Entsprechend findet hinter den Kulissen grosses Lobbyieren und Vorbereiten statt.

Werden Leute, die Fankontakt haben, speziell geschult, etwa in Sprachen?

Weibel: Angestellte im öffentlichen Verkehr und im Gastgewerbe können sich bereits mehrsprachig verständigen. Obwohl die Schweiz ein viersprachiges Land ist, wäre es schön, wenn sich Bewohner einer Stadt auf ihre Gäste auch sprachlich etwas einstimmen und ein paar Sätze in deren Sprache lernen würden.

Zentral für die Fanbetreuung sind die vielen Freiwilligen. Ihre Aussagen dazu waren bislang sehr vage.

Weibel: Diese Volunteers werden unter anderem in Fan-Camps, -Zonen oder beim Empfang und der Betreuung der Gäste engagiert sein. Hier werden, wo nötig, die Leute auch sprachlich geschult. Wenn zum Beispiel Serbien in Zürich spielt, werden wir natürlich direkt serbisch Sprechende rekrutieren.

Wann beginnt die Rekrutierung?

Weibel: Die UEFA beginnt am 27. Juli. Und die Host Citys werden nicht mit grossem Verzug auch nachstossen. Die spätere Ausbildung findet unter anderem mit Swiss Olympic statt. Es geht darum, auch eine Basis für andere Anlässe zu schaffen.

Viele der Fans haben kein Ticket fürs Stadion und tummeln sich in den Public-Viewing-Zonen. Gibt es für diese Fans spezielle ÖV-Angebote oder ist man ihnen gegenüber nachsichtig, wenn sie ein falsches Ticket haben?

Weibel: Das sicher nicht. Wir werden aber für diese Besucher entsprechende Angebote haben. Sie werden in den nächsten Tagen im Rahmen des Verkehrskonzepts präsentiert.

Die EURO 2008 wird immer wieder als einmalige Chance für die Schweiz bezeichnet. Wie kann diese Chance auch nachhaltig genutzt werden?

Weibel: Das Nachhaltigste wäre, wenn die Schweiz ihr Image als teures und reserviertes Land korrigieren kann. Nachhaltig ist für mich auch, wenn Sie Ihren Enkeln vom Anlass noch erzählen. Denken Sie an Deutschland. Punkto Fussball gibt es zwei Daten, die sich für immer in die Köpfe eingeprägt haben: Das sind 1954 und 2006. Trotz der grossen Bedeutung der Nachhaltigkeit dürfen wir den unmittelbaren Spassfaktor nicht ausblenden.

Werden Sie am Abend des 7. Juni 2008 das Eröffnungsspiel in Basel nach getaner Arbeit geniessen können?

Weibel: Ich werde eher im Kommandozentrum in Bern sein. Ich weiss aber, dass ich mir in jenem Moment sagen kann, ich hätte alles in meiner Macht Stehende getan.

(von Stefan Wyss (Si) und Martin Zehnder (SDA))

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