Thun zwischen Respekt und Euphorie

Als letzte Qualifikations-Hürde wartet heute Mittwoch (18.45 Uhr/SF2) der schwedische Meister Malmö. Für beide Mannschaften ist der Gegner ein Glücksfall.

Als vor knapp zwei Wochen die heutige Partie in Nyon ausgelost wurde, wussten weder Thun noch Malmö, ob sie in die nächste Runde einziehen würden.

Doch eines war beiden Vereinen klar: Ihnen wurde eine möglicherweise einmalige Chance präsentiert, an die Millionen der Champions League zu kommen.

Thun gegen Dynamo Kiew und Malmö gegen Maccabi Haifa machten das Duell der Aussenseiter perfekt. Dem Sieger winken erstmals die europäische Hauptbühne und Gegner des Kalibers von Real Madrid oder Juventus Turin.

Zittern um Deumi

Verrückt machen lassen sich Thuns Spieler von dieser Perspektive nicht. Am Montag konnten sie sich mit der Vereinsführung über die Prämien im Fall einer Champions-League-Qualifikation einigen.

Die Höhe des Bonus bleibt geheim, doch dürfte er genug hoch sein, um die Vorfreude aufs Spiel weiter anwachsen zu lassen.

Von einer ausgelassenen Stimmung zu reden wäre aber übertrieben. Angesichts der vielen Partien, die der FC Thun zu absolvieren hat, gilt es, die Konzentration hoch zu halten.

Routinier David Pallas sagt sogar, er habe noch nicht von der Gruppenphase geträumt und noch keinen Gedanken an die möglichen Gegner verschwendet: "Ich nehme ein Spiel nach dem anderen." Für den FC Thun heisst das zurzeit: Gestern Zürich, heute Malmö und morgen GC.

Keine Müdigkeit

Müde seien sie aber nicht, versichert Urs Schönenberger. "Die Regeneration fällt leichter, wenn man erfolgreich ist."

In den sechs Spielen seit Saisonbeginn vor knapp vier Wochen hat der FC Thun nur eines verloren, 1:5 in St. Gallen.

Ansonsten bissen sich die Gegner am Abwehrdispositiv die Zähne aus.

Starke Defensive

Auch im sicherlich ausverkauften Malmö-Stadion, wo nur 15 000 der 26 000 Plätze für europäische Begegnungen besetzt werden können, zählt Schönenberger auf eine starke Defensive: "Wir werden relativ tief stehen, um weite Bälle in den Rücken unserer Abwehr zu verhindern."

Der Zürcher wird somit wie gegen Kiew ein verstärktes Mittelfeld aufbieten, in dem wohl Tiago Bernardi den gesperrten Silvan Aegerter ersetzt.

Ein Fragezeichen steht noch hinter dem Einsatz von Verteidiger Armand Deumi. Die Adduktoren bereiten ihm Sorgen.

"Malmö ist Favorit"

Auch wenn nach dem Sieg gegen das scheinbar übermächtige Dynamo Kiew eine Welle der Euphorie das Berner Oberland erfasst hat, weiss Urs Schönenberger, dass Thun nicht über Nacht zu einer europäischen Spitzenmannschaft geworden ist.

"Malmö ist der Favorit", sagt der Thuner Coach, weiss aber auch, dass ein Weiterkommen möglich ist.

"Wir haben gegen Dynamo Erfahrung gesammelt und an Selbstvertrauen gewonnen. Wir wissen jetzt, dass wir auch das international übliche Tempo mitgehen können."

Wie gegen Kiew hofft Schönenberger auf "zwei Super-Spiele und ein wenig Glück".

Litmanen und Andersson Der Respekt vor Malmö ist gross. Das liegt einerseits an der Vergangenheit des Vereins aus der drittgrössten schwedischen Stadt mit unter anderem einer Finalteilnahme im Meistercup (1979 gegen Nottingham Forest), anderseits an den Namen, die das Aufgebot des 15-maligen Meisters zieren.

Der Abwehrhaudegen Patrik Andersson (2001 mit Bayern München) und der 97-fache finnische Internationale Jari Litmanen (1995 mit Ajax Amsterdam) haben schon einmal die Champions League gewonnen.

Ausdrückliche Warnung

Dazu kommen Spieler, vor denen Adrian Kunz, der Trainerassistent und Späher der Thuner, ausdrücklich warnt.

Der brasilianische Stürmer Alves als Vollstrecker und der ehemalige Italien-Legionär Yksel Osmanovski sowie der Kameruner Joseph Elanga als Vorbereiter auf der linken Flanke haben es Kunz angetan.

Dass die Schweden vor wenigen Tagen ihren letztjährigen Torschützenkönig Markus Rosenberg für fünf Millionen Euro an Ajax Amsterdam verloren, ist ein Glück aus Thuner Sicht.

Mehr Erfahrung?

Zurzeit belegt Malmö FF in Schweden den 3. Platz, zwei Punkte hinter Leader IFK Göteborg.

Dass er wegen der Sommermeisterschaft bereits 17 Spiele bestritten hat, sieht Schönenberger als möglichen Vorteil für die Schweden.

Ob auch Litmanen, der vor seinem Wechsel beinahe in Thun gelandet wäre, ein Pluspunkt der Skandinavier ist, wird sich spätestens im Rückspiel am 23. August zeigen.

Bis dahin gilt auch für Thun, was auf Malmös Homepage in grossen Lettern steht: Der Traum lebt weiter.

Voraussichtliche Aufstellungen

Malmö: Asper; Höiland, Patrik Andersson, Abelsson, Elanga; Daniel Andersson; Anders Andersson, Litmanen, Osmanovski; Bech, Alves.

Thun: Jakupovic; Pallas, Hodzic, Deumi, Gonçalves; Gerber, Milicevic, Bernardi (Leandro Vieira), Ferreira; Adriano; Lustrinelli.

SR: Arturo Dauden Ibañez (Sp)

(Julien Oberholzer, Malmö/Si)