Was der Schweizer Vorzeigeverein an der heiligsten aller Fussballstätten, der Anfield Road in Liverpool, gestern ablieferte, ist beeindruckend. Spielerische Klasse, taktisches Geschick und hungriges Kämpferherz. Dazu ein Fabian Frei, der in der 25. Minute am Sechzehner die komplette Liverpool-Verteidigung Tony-Manero-mässig austanzt und nach Doppelpass mit Zuffi die Kugel direkt und lasergenau mit links ins rechte untere Eck pfeffert. Das hätte auch der Kroos-Toni nicht besser hingekriegt.
Dann eine spielentscheidende Szene in der 60. Minute: Safari jagt Liverpools Markovic (soeben eingewechselt). Dieser meint, Safari wolle ihm sein Haarband klauen. Das geht natürlich zu weit und - zägg! Gibt's ne Zeigfingerkuppenschelle. Aber so richtig! Wir sind schliesslich an der Anfield Road! Und natürlich gibt das auch Anfield Rot! Da versteht der Schiri keinen Spass! Ab unter die Dusche! Ohne Conditioner! Den gibt's erst am Montag wieder! Kuh!
Fussballgott Gerrard
Was niemand ahnt: Mit dem Zickenkrieg tut der Keeper Of The Fancy Haarband seiner Mannschaft einen Riesen-Gefallen. Das penetrante Parfüm ist weg. Und Liverpool wird besser. Jetzt haben sie Platz. Sie schäumen, grätschen, kick-and-rushen. Und plötzlich gibt's Freistoss - wie gemacht für Fussballgott Steven Gerrard. 18 Meter, halb links. 82. Minute. Der ehrlichste aller Fussballer nimmt Anlauf und - haut das Ding millimetergenau ins Triangeli! Dä Siech spinnt! Und dass er nach kurzem Männer-Jubel (keine Herzchen, Nuggis oder einstudierte Ballettschritte) zurück zur Mittellinie rennt und seine Mannschaft weiterpeitscht, ist insgesamt einfach nur Working Class in doppeltem Sinne - und in Reinkultur.
Weil die Basler in der folgenden Endphase, als Liverpool kurzum die Sportart ändert, Bruce Lee's Geist einwechseln (haucht allen über die Schulter ins Ohr: «Be wataaar, my friend»), überstehen sie sogar Knee Kicks ins Gesicht und erklären nach 94 Minuten mit blutunterlaufenen Augen und schwerem Kiefer das Schlachtfeld Anfield Road symbolisch zum R(h)einknie. SRF-Experte und Freizeit-Hellboy Heni Buggel strahlt und wird - von wem wohl? - von Streller während der laufenden Live-SRF-Analyse von hinten angepogt. Ein Spassvogel eben. Und Medienprofi. In einem.
Ronanza klaut Poldi die Wurst und Klopp stoppt Prozac-Lieferung
Beim Spiel Galatasaray gegen Arsenal meldet sich Podolski mit zwei Treffern zurück, wird aber von Teamkollege Ramsey sofort wieder aus dem Club-Gedächtnis radiert, weil dessen 25 Meter-Lichtgeschwindigkeits-Volley ins linke Kreuz zum 3:0 die ganze Fest- und Endorphinplatte der Gunners explodieren lässt. Ach Poldi ... Geh zurück zum FC. Da wirste auch für deinen Dialekt gefeiert.
Dass er aber nicht die Wurst des Abends bleibt, dafür sorgt ein auf Hochglanz polierter Portugiese mit seinem ersten von 4024 Toren gegen die bulgarische Top-Mannschaft Ludogorets Razgrad. Deren Torhüter fällt schon beim ersten Anlaufschritt des Blumeninsel-High-Noon-Kens in die linke Ecke wie ein besoffener Karfoffelsack beim Versuch, seiner Mutter zu winken, und Ronaldo muss nur noch geradeaus reinlupfen. Dass er danach jubelt, als würde er einen Hektoliter Sperma auf einmal abfeuern, ist an Lächerlichkeit nicht zu überbieten.
Soviel Luft zum Jubeln hätte Klopp die letzen Wochen gerne gehabt. Seit Dortmunds Chefpöhler den selbstherrlichen Backstage-Catering-Weltmeister Weidenfeller aus dem Kasten genommen hat, klappt's nun auch mit den Resultaten wieder. Das 1:1 gegen RSC Anderlecht bedeutet Gruppensieg und für die Kloppschen Weihnachtsferien zwei Containerladungen Beruhigungstabletten weniger.
(Sascha Plecic/news.ch)