«Gute Leistung ohne gutes Verhalten praktisch unmöglich»

publiziert: Montag, 25. Jun 2012 / 20:01 Uhr
Peter Knäbel, Technischer Direktor SFV, beobachtet die Top-Mannschaften der EM vor Ort.
Peter Knäbel, Technischer Direktor SFV, beobachtet die Top-Mannschaften der EM vor Ort.

Der Schweizer Fussball-Verband nimmt die EM seit Wochen unter die Lupe. Sportdirektor Peter Knäbel und mehrere Coaches der SFV-Nachwuchsabteilung studieren die Fortschritte der europäischen Top-Nationen.

Knäbel, der vor allem die Italiener und Spanier intensiv beobachtete, betrachtet den EM-Trip als Weiterbildung auf hohem Niveau. Die Eindrücke und Erkenntnisse will er in Form von technisch-taktischen Inputs in den nächsten Monaten auf allen SFV-Ebenen einfliessen lassen.

Gegenüber der Sportinformation äusserte sich der profunde Fussball-Experte vor den Halbfinals zu verschiedenen Standpunkten des Turniers in der Ukraine und Polen.

England verhielt sich gegen Italien weitgehend passiv und vorwiegend destruktiv. Am Ende setzte sich im Penaltyschiessen dann doch jene Equipe durch, die schon zuvor mehr riskiert hatte. Auch die übrigen Halbfinalisten Spanien, Portugal und Deutschland spielten an der EM mehrheitlich eine dominante Rolle.

Peter Knäbel: «Die Italiener sind für ihr Engagement zum Glück belohnt worden. Sie passen ins Bild der Teams, die nun um den Titel spielen. Sie verfolgten die Intention, in der Offensive etwa zu bewegen, die Entscheidung aktiv zu suchen. Die Italiener entwickelten ohnehin eine beeindruckende Dynamik. Mit dem geringsten Tempo operierten systembedingt die Spanier. Mit einer ähnlichen Idee wie die Halbfinalisten waren auch Teams angetreten, die scheiterten: Dänemark, Holland oder auch die Russen. »

Taktik an der EM

Es gibt an der diesjährigen EM nicht nur eine erfolgsversprechende Taktik-Formel. Die Teams gruppierten sich in diversen Formen. Die Italiener setzten wahlweise auf ein 3-5-2 oder ein 4-1-3-2. Die Spanier variierten ebenso - mit oder ohne Stürmer. Deutschland interpretierte die 4-2-3-1-Aufstellung überaus flexibel.

«Italien brillierte tatsächlich mit einer bemerkenswerten Flexibilität. Es stellte im Spiel um, ohne die taktische Ordnung zu verlieren. Jedes Team sollte eine Grundidee verinnerlichen. Es muss klar sein, nach welchem Prinzip man sich ausrichten will. Eine einheitliche Strategie von der ersten bis zur letzten Minute gibt es aber praktisch nicht mehr. Oft entscheiden Klassespieler situativ, was zu tun ist. Sie sind für die Umsetzung des Coaching-Plans extrem wichtig.»

Frankreich verabschiedete sich auf eine enttäuschende Art von der EM. Auf dem Platz war keine Passion erkennbar. Vor und nach dem Viertelfinal gegen Spanien leistete sich ein Teil der Equipe verbale Fehltritte. Um die «Equipe tricolore» entbrannte erneut eine Diskussion um die mangelhafte Aussendarstellung der französischen Landesauswahl. Die Erziehung auf Junioren-Ebene sei ungenügend, monierten verärgerte Experten aus dem Hexagone.

Talenten ein klare Linie aufzeigen

 "Es ist immer schwierig, von aussen die Arbeit anderer Verbände zu beurteilen oder zu kritisieren. Das A-Team ist natürlich immer das Produkt jener Arbeit, die zuvor geleistet worden ist. Auf dieser Stufe sollte man nicht mehr erziehen müssen. Die Werte und Ideen müssen früher vermittelt werden. Ich bin aber dagegen, dass zu viele 'Unbequeme' systematisch früh ausscheiden. Aber man muss den Talenten von Beginn weg eine klare Linie aufzeigen."

Mannschaften wie Frankreich oder Holland, die vorwiegend den Personenkult zelebrierten, scheiterten bereits in der Gruppen-Phase oder spätestens in der Runde der letzten acht. Die Coaches der Top 4 managten das Tagesgeschäft bedeutend erfolgreicher als die grossen EM-Verlierer.

 "Eine gute Leistung ohne ein gutes Verhalten ist praktisch nicht mehr möglich. Das hat man auch an dieser EM wieder deutlich gesehen. Italien beispielsweise hat so den schwierigen Start mit zwei Unentschieden schadlos überstanden. Elemente wie Cassano und Balotelli werden von starken Persönlichkeiten innerhalb des Teams getragen. Und ein Trainer wie Cesare Prandelli besitzt eben auch die nötige Glaubwürdigkeit und Grosszügigkeit, spezielle oder unberechenbare Figuren gewähren zu lassen. Und wenn er Korrekturen anbringt, akzeptiert das selbst ein Cassano."

Löw, der perfekte Organisator

Jogi Löw ist ein Meister des Team-Managements. Er führte Deutschland ohne Verlustpunkt in den Halbfinal gegen Italien. Die DFB-Auswahl überzeugte fast ausnahmslos - auch neben dem Rasen. Keiner der vielen prominenten Ersatzspieler inszenierte sich auf einem Nebenschauplatz.

 "Deutschland verfügt auf hohem Niveau über eine grossartige Stabilität. Das Team steht zum vierten Mal in Serie an einer EM- oder WM-Endrunde im Halbfinal. Das sagt viel aus. Der rund zehnjährige Aufbau ist perfekt organisiert worden. Löw managt die Aufgabe sehr gut. Er ist inzwischen auch bereit, im Sinne der Sache knallharte Entscheide zu fällen. Diese Message haben alle Spieler verstanden. Sie wissen, wie breit das Team besetzt ist. Breiter als alle anderen."

(fest/Si)

 
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