Fussball: Urs Meier - 'Eines meiner besten Spiele'

"Es war wohl eines meiner besten Spiele", sagte Meier am Tag danach. Dabei hatte er in dieser schnellen und hochklassigen Partie einige heikle Entscheide zu fällen. Doch die Zusammenarbeit mit seinen beiden Assistenten Francesco Buragina und Rudolf Käppeli klappte gut. So erkannte Meier richtig, dass Antonio Cassano beim 1:0 für Italien nicht im Offside gestanden hatte - wenn auch nur hauchdünn. "In Portugal treten wir Unparteiischen erstmals als eingespieltes Trio an. Wohl deshalb hat es bisher kaum Diskussionen wegen Offsides gegeben."

Auch dem schwedischen Ausgleich war eine strittige Szene vorausgegangen. Hatte Zlatan Ibrahimovic seinen Gegenspieler Gianluca Zambrotta am Trikot gehalten oder nicht? Oder hatte Zambrotta gerissen? Meier entschied auf Tor, und die TV-Bilder gaben ihm Recht. "Einen Moment habe ich gezögert, weil ich genau hinsehen musste, ob der Ball wirklich ins Tor geflogen ist. Ich konnte mir zunächst nicht vorstellen, dass er auf diese Weise über Vieri hinweg ins Netz gehen würde."

Lob bekam Meier hinterher vor allem von den Schweden. "Fast jeder Spieler gab mir die Hand und gratulierte." Zum Abklopfen mit den Italienern kam es derweil nicht. "Sie liefen aus Enttäuschung schnell in die Kabine. Aber obwohl es für die Italiener so bitter zu Ende ging, hat keiner ein kritisches Wort gesagt." Die wichtigste Anerkennungen gab es für Meier von den Kollegen im Schiedsrichter-Camp in Espinho. "Alle fanden unsere Leistung phantastisch."

Kritische "Gazzetta dello Sport"

Weniger euphorisch beurteilte die "Gazzetta dello Sport" den Auftritt von Meier. Mit 5,5 gab die rosa Sportbibel dem Würenloser eine Note, die einer "knapp genügenden Leistung" entspricht. Allerdings schrieb selbst die Gazzetta, dass Meier in allen wichtigen Situationen richtig entschieden habe. Auch die Gelben Karten, von denen zwei Sperren gegen Italiener zur Folge haben, waren gemäss Gazzetta gerechtfertigt.

Abzug gab es aber für den gesamten Eindruck, der "nicht sehr sicher" gewesen sei. "Dabei habe ich mich von Beginn weg so sicher gefühlt wie schon lange nicht mehr", sagte Meier. "Das zweite Spiel bei einem Turnier ist ohnehin einfacher als der Auftakt. Man ist schon im Rhythmus und kann sich besser auf die Aufgabe einstellen."

Nach den beiden überzeugenden Leistungen hofft Meier, dass er nach der Vorrunde nicht wie vor vier Jahren in Belgien und Holland die Koffer packen muss. "Vier von zwölf Schiedsrichter-Teams müssen nach der Vorrunde nach Hause. Die restlichen sieben Partien werden auf die acht übrigen Referees verteilt."

Es kann also sein, dass Meier vorerst in Portugal bleiben darf, aber gleichwohl kein Spiel mehr pfeifen wird. Am Mittwoch werden die vier Viertelfinals vergeben. Damit Meiers Traum in Erfüllung geht, darf ihm dann noch keine Partie zugeteilt werden, denn zum Abschluss seiner Karriere bei Turnieren träumt er vom EM-Final am 4. Juli in Lissabon.

(Stefan Wyss, Porto/Si)