Bestechungsvorwürfe gegen Blatter - Johansson fordert Untersuchung

In der Sendung «Reporter» strahlt SF DRS 1 am Freitag um 21.20 Uhr einen Dokumentarbeitrag aus, in dem erstmals konkrete Aussagen zu den Bestechungsvorwürfen im Vorfeld von Joseph Blatters Wahl zum FIFA-Präsidenten im Juni 1998 gemacht werden. Das brisanteste, unterschriebene und vor laufender Kamera formulierte Statement kommt von Moiadin Hassan Ali, dem damaligen Vizepräsidenten des somalischen Verbandes. Hassan Ali gibt an, er habe von FIFA-Exekutivmitglied Mohamed Bin Hamman, einem Wahlhelfer Blatters aus Katar, insgesamt 10'000 Dollar entgegengenommen und dafür zugesagt, für Blatter statt für dessen Gegenkandidaten Lennart Johansson zu stimmen.

Geradezu abenteuerlich wären die Abläufe gewesen, wenn eine ebenfalls im Fernsehbeitrag vom somalischen Verbandspräsidenten Farah Addo gemachte Aussage stimmt. Addo, damals auch Vizepräsident des afrikanischen Kontinentalverbandes CAF, behauptet, ein früherer Botschafter Somalias in der Golfregion habe ihm einige Wochen vor der Wahl 100 000 Dollar geboten, wenn er von Johansson auf Blatter umschwenken würde. Er habe das Angebot abgelehnt. Als er dann zum FIFA-Kongress nach Paris gekommen sei, habe er dort feststellen müssen, dass andere somalische Vertreter -- unter anderen Hassan Ali -- sich an seiner Stelle als wahlbrerechtigte Versammlungsteilnehmer aus Somalia eingeschrieben hätten. Erst auf Intervention bei der FIFA habe er es zurückerlangt und danach gemäss der gesamtafrikanischen Parole für den Schweden gestimmt. Demnach wären Hassan Ali und ein zweiter, angeblich ebenfalls bestochener Somali-Vertreter «Putsch-Wähler» gewesen.

Farah Addo hat nach eigenen Angaben nach der Wahl eigene Untersuchungen angestrengt und will dabei herausgefunden haben, dass insgesamt 18 afrikanischen Verbände auf Blatter umgepolt worden seien. Addo behauptet im Übrigen, Blatter selbst habe von den Bestechungen gewusst.

Die konkreten Vorwürfe gegen den Walliser wurden gestern bereits in der britischen Tageszeitung «Daily Mail» ausgebreitet. Autor im «Daily Mail» ist der als IOC-Kritiker bekannt gewordene englische Journalist Andrew Jennings, der bei dem vom Schweizer TV-Autor Christoph Müller gemachten Interview mit Farah Addo ebenfalls zugegen war.

Lennart Johansson sagte gestern: «Zum ersten Mal erschienen in einer Zeitung Namen von Leuten, die verbürgte Aussagen machen, dass die Wahlen fürs FIFA-Präsidium 1998 getürkt waren. Diese Statements müssen wir gründlich untersuchen, damit kein Schatten der Unehrlichkeit auf der FIFA liegen bleibt.» Johansson fordert, dass die Bestechungs-Frage Teil der Untersuchungen wird, die derzeit als Folge des ISL-Debakels laufen. Er sei zwar nicht verbittert, dass er 1998 die Wahl verloren habe, erklärte der Schwede. «Aber sollten die Behauptungen stimmen, ist es schön zu wissen, dass ich in einem fairen Wettkampf vielleicht gewonnen hätte.» Blatter gewann die Wahl mit 111:80 Stimmen.

Dass Blatter gerade kurz vor den Wahlen mit den happigen Vorwürfen konfrontiert wird, ist kaum Zufall. Der FIFA-Präsident will am 28. und 29. Mai während des FIFA-Kongresses in Südkorea sein Amt verteidigen. Interesse an der Präsidentschaft hat auch CAF- Präsident Issa Hayatou signalisiert.

(kil/sda)