Fussball: UEFA-Cup - Berneggers Offensivpoker

Seit dem Zürcher Gastspiel der Kroaten hat sich im Hardturm vieles verändert. Das krisengeschüttelte GC-Ensemble wird nicht mehr vom am (bitteren) Ende rat- und gleichermassen mutlosen Marcel Koller dirigiert, sondern von dessen früherem Assistenten Carlos Bernegger.

Das Spiel gegen Thun (2:1) bot dem Nachfolger Gelegenheit zum gelungenen Einstieg. Nun ist aber zu befürchten, dass der gebürtige Südamerikaner mit seinem ersten Negativerlebnis als Chef konfrontiert wird.

Keine Angst und kein Nachteil

Bernegger muss allerdings in Split die zweite seiner drei Europacup-Sperre verbüssen und das Coaching dem Ausbildungschef Boro Kuzmanovic überlassen. Das sei kein grosser Nachteil, glaubt Bernegger: "Wichtig war für mich die Arbeit vor der Partie. Während des Spiels kann der Trainer so oder so nur geringen Einfluss nehmen." Wesentlich mehr Bedeutung misst er der taktischen Ausrichtung bei. Er interpretiere den Fussball offensiv. "Ich will, dass sich die Mannschaft Chancen erspielt, dass sie auf den Platz geht, um zu gewinnen."

Von der Angst, den heimstarken Kroaten im schmucken Poljud-Stadion ins offene Messer zu laufen, mag Bernegger nichts wissen. Fussball sei doch ein einfaches Spiel, philosophierte er: "Entweder Du gewinnst, spielst unentschieden oder verlierst. Wir treten an, um zu gewinnen."

GC bleibt angesichts der ungenügenden Vorlage aus dem Hinspiel in der Tat nicht viel anderes übrig, als zumindest einen Treffer zu schiessen, und -- wie es Bernegger formulierte -- "das offensive Potenzial besser zu nutzen."

Ein 4-2-3-1-System ist das Rezept zur Kurskorrektur. Hinter dem Rumänen Ionel Gane soll das Trio Eduardo, Mladen Petric und Richard Nuñez Chancen kreieren. Obschon der Uruguayer Nuñez wegen einer Oberschenkelprellung sieben Tage pausieren musste, rechnet man im GC mit seinem Einsatz.

Die Mittelfeldspieler Tararache und Mitreski sind seit geraumer Zeit verletzt. Als Relaisstation zwischen der abermals umformierten Abwehrkette (der ohnehin gesperrte Gamboa erlitt gegen Thun einen Armbruch, Pascal Castillo blieb grippegeschwächt in Zürich) sind der formstarke Christoph Spycher und der U21-Internationale Rijat Shala denkbar; den Innenblock der Viererreihe könnten Vero Salatic und Roland Schwegler bilden.

Zuversicht und ein "Pflaster" für Nuñez

In der zweitgrössten kroatischen Stadt an der Küste Dalmatiens herrscht gewiss nicht ganz unberechtigte Zuversicht, ja gar Euphorie. 30 000 Fans werden erwartet. Sie wollen ihre Lieblinge zur ersten Zweitrunden-Qualifikation seit dem Auftritt in der Champions League vor neun Jahren treiben. Ihre Passion für Hajduk demonstrierten die Anhänger schon am Vorabend mit einem Autokorso (und Hupkonzert) in der Hafenstadt. Das so genannte "Karussell" pflegen die Supporter immer dann zu veranstalten, wenn wichtige Spiele bevorstehen.

Weniger siegesgewiss gaben sich die Protagonisten selber, die ohne ihren gesperrten Captain Andric antreten. In den lokalen Medien vermieden sie vollmundige Prognosen. Dem Wunsch von Georges Perego (GC-Sportchef ad interim), dass sie "uns unterschätzen", entsprach die im Championat seit vier Runden ungeschlagene und an zweiter Stelle klassierte Belegschaft Hajduks nicht.

Coach Zoran Vulic erklärte, sie könnten GC die Initiative überlassen und kontern. Um Nuñez, in den Augen der Einheimischen der mit Abstand gefährlichste Hopper, wird sich wie vor drei Wochen Miladin kümmern; jemandem ein "Pflaster verpassen" nennen sie in Kroatien derartige Beschattungen.

Mögliche Formationen

Hajduk: Sunar; Vejic, Rukavina, Neretljak; Miladin; Blatnjak, Pralija, Racunica, Carevic; Bule, Krpan.

GC: Borer; Lichtsteiner, Schwegler, Salatic, Jaggy; Shala, Spycher; Eduardo, Petric, Nuñez; Gane.

SR Bossen (Ho)

(von Sven Schoch, Split/Si)